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Die Neurotische Depression

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Neurotische Depression - depressive Neurose - Dysthymia - Dysthymie - u.a.

Eine Neurose ist eine seelisch bzw. psychosozial bedingte Gesundheitsstörung ohne nachweisbare organische Grundlage. Eine Depression ist eine Gemütsstörung. Wenn sich beides bei den konkreten Leiden vereinigt, nennt man es eine neurotische Depression, heute auch als Dysthymie bezeichnet.

Wie äußert sie sich, welches sind die schwerwiegendsten Auslöser, welche Entstehungsbedingungen sind zu berücksichtigen, gibt es eine charakteristische Persönlichkeitsstruktur und vor allem: was kann man tun?

Nachfolgend eine kurz gefasste Übersicht zu diesem Thema.


Erwähnte Fachausdrücke:

Depression - Neurose - neurotische Depression - depressive Neurose - Dysthymia - Dysthymie - nervöse Depression - hysterische Depression - Zwangsneurose - Angstneurose - hypochondrische Neurose - Gemütsstörung - affektive Störung - reaktive Depression - depressive Entwicklung - Erschöpfungsdepression - Entwurzelungsdepression - Selbsttötungsgefahr - Suizidgefahr - depressionstypische Symptome - depressives Beschwerdebild - endogene Depression - somatogene Depression - biologisch erklärbare Depression - somatogene Depression - körperlich begründbare Depression - Überforderung - Enttäuschung - Pensionierungsschock - Berentungsbankrott - Eltern-Kinder-Beziehung - neurotisch relevante Erziehungsbedingungen - depressionsfördernde Erziehungsbedingungen - Schuldgefühle - Aggression - Selbstvertrauen - Kontaktbereitschaft - Tabuisierung der Sexualität - überfürsorgliche Verwöhnung - charakteristische Persönlichkeitsstruktur einer neurotischen Depression - Brückensymptome - Psychotherapie - Beruhigungsmittel - Tranquilizer - Antidepressiva - Entspannungsverfahren - u.a.

Die neurotische Depression gehört zu den häufigsten depressiven Zuständen, auch wenn man genaue Zahlen nicht kennt. Eine Neurose ist - wie die Fachleute sagen - eine Störung der psychischen Erlebnisverarbeitung, ausgelöst durch ganz oder teilweise verdrängte Konflikte. Entscheidend ist das Zusammenspiel einer neurotischen Persönlichkeitsstruktur und entsprechender Umwelt- bzw. Auslösefaktoren (siehe später). Kommen bei einer solchen Neurose affektive, also Gemütsstörungen im Sinne einer Depression hinzu, und zwar das Leidensbild in jeder Hinsicht dominierend, nennt man es eine neurotische Depression oder depressive Neurose.

Einzelheiten zum Thema Neurose siehe das spezielle Kapitel. Dasselbe gilt für die zahlreichen Beiträge zum Thema Depressionen, vor allem die drei-teilige Depressions-Serie.

Die neurotische Depression gehört - wenn man die alten psychiatrischen Klassifikationen zugrunde legt - zu den sogenannten psychogenen, also rein seelisch ausgelösten Depressionen (im Gegensatz zu jenen depressiven Zuständen, die eine erbliche bzw. biologische Ausgangsbasis haben oder durch körperliche Erkrankungen ausgelöst werden).

Früher nannte man sie auch nervöse, anhaltend ängstliche, wenn nicht gar hysterische Depression, gelegentlich auch depressive Persönlichkeitsstörung und zwar depressive Persönlichkeit(sstörung), später eine neurotische Depression, oder depressive Neurose. In den neuen Klassifikationen, z. B. der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen - ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation - WHO eine Dysthymia oder inzwischen Dysthymie.

Um was handelt es sich hier? Dazu erst einmal einige Bemerkungen zu jenen Fachbegriffen, aus denen die Diagnose 'neurotische Depression' zusammengesetzt ist:

Was ist eine Neurose, was ist eine Depression?

- Eine Neurose ist eine seelisch bzw. psychosozial bedingte Gesundheitsstörung ohne nachweisbare organische Grundlage. Neurosen mit sogenannter typischer Symptombildung werden beispielsweise als Zwangsneurose, Angstneurose, hypochondrische Neurose und eben depressive Neurose oder neurotische Depression bezeichnet. Weitere Einzelheiten dazu siehe das entsprechende Kapitel über die Neurosen, einschließlich neuer Einteilungsvorschläge.

- Eine Depression ist eine Gemütsstörung (Fachausdruck: affektive Störung). Sie gehört zu den gefürchtetsten Krankheiten überhaupt (hohe Selbsttötungsgefahr!). Frühere Klassifikationen teilten sie ein in endogene (biologisch erklärbare) sowie somatogene (durch körperliche Krankheiten ausgelöste) Depressionen. Und psychogene, also rein seelisch bedingte Depressionen. Dazu zählte man die reaktive Depression (auf Grund einer akuten Belastung), die depressive Entwicklung, z.B. die Erschöpfungs- und Entwurzelungsdepressionen sowie die neurotische Depression oder depressive Neurose. Nachfolgend eine kurz gefasste Übersicht zu dieser Art von depressiven Zuständen.

Wen trifft die neurotische Depression?

Alter: Neurotische Depressionen finden sich vor allem in den mittleren Lebensjahrzehnten. Manche Kranke werden aber ihr ganzes Leben von gewissen Beschwerden begleitet, auch wenn sie dadurch nicht durchgehend ernstlich beeinträchtigt sind.

Frauen scheinen etwas häufiger vertreten als Männer (neigen aber auch eher dazu, seelische Störungen nicht nur zu erkennen, sondern auch anzuerkennen und damit den Arzt aufzusuchen, was sich natürlich in der Statistik niederschlägt).

Beginn: Neurotische Depressionen beginnen gewöhnlich früh im Erwachsenenleben und dauern mehrere Monate bis Jahre, manchmal lebenslang. Bei Beginn im höheren Lebensalter tritt diese Störung häufig nach einer abgrenzbaren depressiven Episode (siehe die Depressionen), nach einem Trauerfall oder einer anderen Belastung auf.

Wie äußerst sich eine neurotische Depression?

Meist handelt es sich um ein komplexes Bündel sich gegenseitig beeinflussender Anlage- und Umweltbedingungen (siehe später), die schließlich zu einem zwar nicht schweren, aber in der Regel doch belastenden und vor allem mittel- bis langfristigen Leidensbild auswachsen. Und selbst wenn es sich um leichtere Beeinträchtigungen handelt, ist es insbesondere die ungewöhnliche Dauer, die die Betroffenen (und ihre Angehörigen, Freunde und Mitarbeiter) zu zermürben vermag, auch wenn sie dazwischen zusammenhängende Perioden von Tagen oder Wochen haben, in denen es ihnen besser geht.

  • Das auch äußerlich registrierbare Beschwerdebild ist neben anderen neurotischen Krankheitszeichen (z.B. Angstzustände, psychosomatisch interpretierbare Beschwerden, Zwangsphänomene u.a.) von folgenden depressionstypischen Symptomen gekennzeichnet:
  • Häufiger Wechsel (oft scheinbar unmotiviert) zwischen trauriger und dysphorischer (missgestimmter) Stimmungslage, meist aber müde, abgespannt, kraftlos, schwach (aber in der Regel kein Elendigkeitsgefühl, wie bei schweren, insbesondere endogenen Depressionen anzutreffen).
  • Sogenannte kognitive, also beispielsweise Merk- und Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit u.a.
  • Entweder innerlich unruhig, nervös und gespannt oder apathisch (teilnahmslos, gefühllos).
  • Schwernehmend, leicht irritierbar, pessimistisch, sensibel, leicht verletzlich, kränkbar, unzufrieden, manchmal nicht nur missgestimmt, sondern auch reizbar bis aggressiv u.a.
  • In körperlicher Hinsicht sind es vor allem psychosomatisch interpretierbare Beschwerden, also die Neigung, Verstimmungen organisch auszudrücken und zu unterhalten: Einschlafstörungen, zerhackter Schlaf, schwere Träume, Kopfdruck, Schwindelgefühle (am ehesten eine Art schwindelige Dauer-Benommenheit), Beklemmungen (z.B. "leichter Druck auf der Brust"), Mattigkeit, Herzbeschwerden (bisweilen Rasen, manchmal Stolpern oder Stechen), Magen-Darm-Störungen (leichte Übelkeit, Völlegefühl, Blähungen, Aufstoßen, Magendruck, Verstopfung oder Durchfallneigung), Beeinträchtigung des Bewegungsapparates mit bisweilen wandernden, auf jeden Fall uncharakteristischen Beschwerden bis Schmerzen (Wirbelsäule und Gelenke), Atemenge u.a.

Weitere Einzelheiten zum Beschwerdebild der Depressionen siehe das entsprechende Kapitel (Depressionen, Teil 1).

  • Auf jeden Fall schlägt sich dieses mittel- bis langfristige depressive Syndrom auch in psychosozialen Konsequenzen nieder: Partnerschaft, Familie, Kinder, Eltern, Freunde, Verwandte, Bekannte, Nachbarn, Berufskollegen u.a. Die Folgen sind nicht so extrem, wie bei einer schweren (endogenen) Depression, aber doch langfristig belastend - für alle.

Vor allem müssen die Betreffenden deutlich mehr Energie als Gesunde aufwenden, um die notwendige Alltags-Leistung zu erbringen, was ihnen in der Regel aber auch gelingt, nur eben unter erschwerten Bedingungen.

Was lösen neurotische Depressionen aus?

Als Auslöser einer neurotischen Depression wirken meist Situationen, die mit Überforderung, Prüfung oder Enttäuschung zusammenhängen: Dazu gehören Todesfälle in der Familie, gesellschaftlicher oder berufliche Bedrohung mit oder ohne Abstieg, Umzug, Stellungs- oder Berufswechsel, umgekehrt aber auch Beförderung mit gestiegener Verantwortung, Verlust der bisherigen Routinemöglichkeiten bzw. Überforderung.

Bei starker häuslicher Gebundenheit können es sogar Urlaubsreisen, bei älteren Menschen Pensionierung oder Berentung sein, sofern als "Pensionierungsschock" oder "Berentungsbankrott" empfunden.

Zu achten ist auch auf biologische Krisenzeiten, die an einem Krankheitsausbruch beteiligt sein können: Pubertät, Schwangerschaft, Wochenbett, Klimakterium oder Rückbildungsalter u.a.

Die Auslöser können auch geringfügig, alltäglich sein. Erst die neurotische Einstellung gibt ihnen den Krankheitswert.

Das Beschwerdebild steht auf jeden Fall mit Auslöser und Ursache in enger Verbindung, doch bleiben dem Betroffenen die tieferen Zusammenhänge zunächst unbewusst und verborgen und können - besonders bei mittel- oder langfristiger Erkrankungsdauer bzw. Rückfällen - überhaupt nicht mehr erkennbar sein. Dies wäre dann die Aufgabe einer psychotherapeutischen Behandlung.

Was liegt einer neurotischen Depression zugrunde?

So vordergründig ein bestimmter auslösender Anlass auch sein mag, als eigentliche Ursache ist meist ein komplexes Bündel sich gegenseitig beeinflussender Anlage- und Umweltbedingungen wirksam. Von besonderer Bedeutung sind zwei Faktoren, nämlich die Persönlichkeitsstruktur der Eltern und ihr Erziehungsstil, also - vereinfacht ausgedrückt - Erbeinflüsse auf der einen, im Lernprozess erworbene Eigenschaften auf der anderen Seite.

In der Tat findet sich bei der Suche nach psychologischen Hintergründen oft eine gestörte Eltern-Kind-Beziehung. Meist handelt es sich dabei um Eltern, besonders Mütter, die selbst zu Niedergeschlagenheit, Resignation oder Schwermut neigen, die fleißig und übergewissenhaft, aber unflexibel sind, die als unterkühlt oder verschlossen geschildert werden und Schwierigkeiten hatten oder noch immer haben, ihre Gefühle zu äußern - und denen es vor allem selber an Selbstvertrauen mangelt.

So können beispielsweise folgende Erziehungsbedingungen eine (neurotische) Depression fördern wirken:

  • Eine an übermäßig strengen Grundsätzen orientierte Erziehung. Sie begünstigt die Entstehung von Schuldgefühlen, unterdrückt die Äußerung von natürlichen Aggressionsregungen und untergräbt das Selbstvertrauen.
  • Das Fehlen von Zärtlichkeit und Geborgenheit oder gar eine direkte Ablehnung, bis hin zu Härte und Brutalität.
  • Das mangelnde Verständnis der Eltern für ihre Kinder, worunter vor allem deren Selbstwertgefühl und Kontaktbereitschaft leiden.
  • Die Tabuisierung der Sexualität. Dabei wird - oft aus pseudoreligiösen Erwägungen - alles geschlechtliche ausgeklammert, verdrängt, unterdrückt oder als etwas "Böses" bestraft.

Neben verängstigenden, gespannten oder aggressionsgetönten familiären Verhältnissen schadet aber auch eine überfürsorgliche Verwöhnung. Sie unterdrückt das Bedürfnis des Kindes, sich nach und nach selbstständig zu machen. Diese Einengung kann noch schwerwiegender sein als das Ausbleiben liebender Zuwendung in früher Kindheit. Verschlossene, ernste und wenig lebensbejahende Väter und Mütter binden ihre Kinder oft eng an sich, verhindern deren Selbstverwirklichung und halten mitunter selbst erwachsene Töchter und Söhne lange in Abhängigkeit.

Gibt es eine charakteristische Persönlichkeitsstruktur?

Das alles legt den Verdacht nahe, hier könne es sich schon im voraus um eine problematische Persönlichkeitsstruktur handeln, deren "Krankheitsbild im Wartestand" nur auf den entsprechenden Auslöser wartet.

Doch die Persönlichkeit der Betroffenen muss nicht unbedingt auffällig neurotische Züge zeigen. Bei genauer Betrachtung lässt sich jedoch öfter eine Reihe sogenannterc Brückensymptome aufdecken, die gleichsam den Boden von mitunter weit zurückliegenden Ereignissen bis in die Gegenwart spannen. Dazu gehören psychische, psychosoziale und psychosomatisch interpretierbare Störungen (unverarbeitete seelische Probleme, die sich in körperlichen Symptomen äußern) aus früher Kindheit.

Beispiele: Nägelkauen, nächtliches Aufschrecken, Einnässen, Sprachstörungen, Essschwierigkeiten, Kloß im Hals, seelisch bedingte Herz- und Atembeschwerden, Ängstlichkeit, Gehemmtheit, Unsicherheit, Unfähigkeitsgefühle, überdurchschnittliches Anlehnungsbedürfnis, Zwänge, Aggressivität, Fortlaufen, Schulschwänzen, krankhafte Überangepasstheit und anderes mehr.

Später leiden die Betroffenen nicht selten unter geringem Selbstwertgefühl bzw. mangelndem Selbstvertrauen, dem aber ein übersteigertes Bedürfnis nach Selbstwertbestätigung und Anerkanntwerden gegenüber steht.

Im weiteren quälen sie oftmals peinliche Gewissenhaftigkeit, übersteigertes Pflichtbewusstsein, Angst vor Missachtung gesellschaftlicher Richtlinien, eine Neigung zu Abhängigkeit und Unselbstständigkeit sowie die Tendenz, die eigenen Aggressionen zu unterdrücken und alles zu vermeiden, was Vorwürfe oder feindliche Regungen bei anderen auslösen könnte.

Übertrieben erscheint auch häufig ihre mitunter krampfhaft erscheinende Suche nach Wärme und Nähe sowie ihre einseitige Bindung an enge Wertvorstellungen (tun, was "man" tut).

Die Kontaktfähigkeit im zwischenmenschlichen Gefühlsbereich wird dadurch immer schwerer. Manche Kranke entwickeln schließlich einen eigenartigen, fast selbstzerstörerischen Hang, sich überkritisch zu sehen und immer die Schuld bei sich selber zu suchen. Das führt notgedrungen zu einem Teufelskreis von Schuldgefühlen und Selbstbestrafungs-Tendenzen.

Eine so labilisierte Persönlichkeit muss langsam Furcht vor Bewährungssituationen und damit ein verstärktes Bedürfnis nach Hilfe und Unterstützung von außen entwickeln. Dies mündet nicht selten in den Versuch, sich an andere anzuklammern oder eine Art Symbiose (d. h. überenge zwischenmenschliche Bindung) zu bilden, wenn nicht gar zu erzwingen. Daraus resultiert dann eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Verlusterlebnissen wie Enttäuschungen und Kränkungen, die bei solch übersteigerten Bindungsversuchen nicht ausbleiben können.

Das äußerlich registrierbare Beschwerdebild ist dann vor allem neben depressiven Verstimmungen durch unmotivierte, aber auch umschriebene oder zwanghafte Angstzustände (Phobien), durch Zwänge sowie psychosomatische Beeinträchtigungen charakterisiert.

Ein grundlegendes Problem ist die Unfähigkeit Zufriedenheit, Glück, Ausgeglichenheit und Ruhe zu finden ("ruhig-konzentriert-gelassen, das wäre mein Wunsch"). Der Zugang zum eigenen Inneren scheint aber versperrt, der Kranke hat sogar oftmals die Beziehung zum eigenen Körper verloren.

Viele Neurotiker sind auch nicht imstande sich einmal unerlaubte oder gar feindliche Regungen zuzugestehen. Das führt dazu, dass die sich aufstauenden Aggressionen unterdrückt und dann als einzige mögliche Lösung gegen sich selber gerichtet werden. Solche selbstaggressiven Regungen können leicht Todesphantasien oder gar Suizidversuche auslösen, wenn nicht gar tödlich enden - von eigener Hand.

Daher ist die Suizidneigung bei (depressiven) Neurotikern nicht selten. Im Gegensatz zum akut-überwältigenden Selbsttötungsdrang in der endogenen Phase einer (vor allem biologisch verankerten) Depression ist jedoch die Suizidgefahr bei der neurotischen Depression eher unterschwellig, dafür aber langwierig und damit für Arzt und vor allem Angehörige ausgesprochen beunruhigend, belastend bis zermürbend.

Was kann man tun?

Alle diese Gründe lassen es ratsam erscheinen, Patienten mit einer neurotischen Depression einem Psychiater, Nervenarzt oder psychiatrisch und psychotherapeutisch geschulten Psychologen vorzustellen.

Die Psychotherapie - in welcher Form auch immer - ist das Mittel der Wahl (Einzelheiten siehe das Kapitel über Neurosen heute mit der Aufzählung einiger Psychotherapie-Formen.

Antidepressiva und (vor allem früher verordnete) niederpotente Neuroleptika in vorsichtiger Dosierung können zusätzlich versucht werden. Doch werden gerade bei diesen Patienten die niemals ausschließbaren Nebenwirkungen besonders ausgeprägt beklagt. Bei schwereren neurotischen Depressionen oder Dysthymien dürfte aber nur noch ein sogenannter Gesamt-Behandlungsplan helfen, der aus Psychotherapie, soziotherapeutischen Hilfen und Korrekturen, entspannenden und kräftigenden Maßnahmen besteht (autogenes Training, Yoga, progressive Muskelrelaxation, Krankengymnastik, Massagen u.a.) - und ggf. bestimmten Antidepressiva in angepasster Dosierung.

Der unkritische Einsatz von Beruhigungsmitteln (Tranquilizer vom Benzodiazepin-Typ) hingegen kann die aufzuarbeitenden Konflikte zudecken und den für eine Psychotherapie erforderlichen Leidensdruck reduzieren, was dann auch die Behandlungsmotivation zu untergraben pflegt. Deshalb ist man mit dieser Form der medikamentösen Stützung inzwischen vorsichtiger geworden. Dasselbe gilt für die früher gerne eingesetzten Neuroleptika (siehe oben) in Form einer Wochenspritze.

Dafür hat man wieder den Segen der täglichen körperlichen Aktivität entdeckt, nämlich den "täglichen Gesundmarsch bei Tageslicht", insbesondere in der "dunklen Jahreszeit". Körperliche Aktivität ist - eine alte Erkenntnis, inzwischen wissenschaftlich bewiesen - nicht nur körperlich heilsam, sondern auch seelisch stabilisierend, vor allem antidepressiv und angstlösend. Und das wäre im vorliegenden Falle die beste Zusatz-Therapie - vor allem in eigener Initiative.

LITERATUR

Sowohl die Depression als auch die Neurosen halten in wissenschaftlicher als auch in populärmedizinischer Hinsicht ein hier nicht mehr überblickbares Angebot vor. Einzelheiten dazu siehe die Depressions-Serie sowie das Kapitel Neurosen einst und heut. Grundlage vorliegender Ausführungen sind die Fach- und Sachbücher:

Bräutigam, W.: Reaktion, Neurosen, abnorme Persönlichkeiten. Thieme-Verlag, Stuttgart-New York 1985

Faust, V.: Depressionsfibel. Gustav Fischer-Verlag, Stuttgart 1997

Kielholz, P.: Diagnose und Therapie der Depressionen für den Praktiker. J. Lehmanns-Verlag, München 1971

Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.
Bei persönlichen Anliegen fragen Sie bitte Ihren Arzt.
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