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MOBBING

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Die heimliche Zerstörung des anderen

Mobbing ist zwar ein Modebegriff für ein im Grunde altes, wenngleich trauriges Phänomen, das inzwischen aber Hochkonjunktur zu haben scheint. Die "kleine Gemeinheit zwischendurch" ist eine ernst zu nehmende Gesundheits-Bedrohung, die zu einem "innerbetrieblichen Guerilla-Krieg" auswachsen kann - mit allen psychosozialen und schließlich wirtschaftlichen Folgen.

Vom Mobbing sollen inzwischen Millionen von Arbeitnehmern betroffen sein, was die Kritiker jedoch als überwiegend persönliches Problem abtun. Mobbing schafft aber auch Milliarden an Verlusten durch entsprechende Leistungseinbußen. Das sollte selbst hartgesottenen "Machern" zu denken geben. Neuartige Unternehmensstrukturen heizen die Situation noch mehr an. Der Druck macht sich Luft:

Gestresste und überforderte MitarbeiterInnen suchen ihre Opfer für den "kleinen Psychoterror zwischendurch" vor allem unter schwächeren Kolleginnen und Kollegen sowie bei Untergebenen.

Leider hält sich die Ärzteschaft hier noch weitgehend zurück. Das liegt einerseits an den noch unklaren psychosozialen Aspekten (Ursache, Beschwerdebild, Verlauf, Konsequenzen), vor allem aber an der Unsicherheit, wie man mit so etwas therapeutisch umgehen soll. Außerdem kommen nur wenige Betroffene wegen Mobbing zum Arzt, und zwar meist aus einem Grund: weil sie sich schämen. Deshalb ist es wichtig, sich hier rechtzeitig zu informieren, denn Mobbing entfacht keinen schnell sichtbaren und relativ gut bekämpfbaren "Feuersturm", Mobbing zerstört durch einen "psychosozialen Schwelbrand".

Unterschwellige Zerstörungstaktiken

Zuerst beginnt es mit kaum wahrnehmbaren, unterschwelligen Zerstörungsstrategien:

- den Betroffen wie Luft behandeln
- nicht mehr mit ihm sprechen
- Verbreiten von Gerüchten hinter dem Rücken und schließlich offen lächerlich machen.

Dann konkretere Eingriffe, die gezielt die sozialen Beziehungen stören, das Ansehen beeinträchtigen, Rechtfertigungsversuche unterbinden sowie die Leistung langsam unterminieren sollen:

- Versetzung in einen anderen Raum, möglichst weit ab von den früheren KollegenInnen (Isolierungsversuch)

- Übertragung von Arbeiten, die das Selbstbewusstsein beinträchtigen oder gar verletzten

- unangemessene Beurteilung des Arbeitseinsatzes

- Entziehen von Aufgaben

- Übertragung sinnloser Tätigkeiten

- ständige Überforderung, aber auch lähmende Unterforderung

- Einschränkung oder Unterbindung aller Möglichkeiten sich zu äußern, zu rechtfertigen, zu verteidigen

- ständige Kritik an Arbeit oder Privatleben

- lautes Schimpfen oder gar Anschreien

- mündliche oder schriftliche Drohungen

- Telefonterror

- Verdächtigungen, seelisch nicht stabil oder gar krank zu sein, ggf. scheinheiliger Vorschlag zur Güte, sich psychologisch/psychiatrisch untersuchen zu lassen u.a.

Schließlich direkt entwürdigende oder schädigende Mobbing-Versuche wie

- sexuelle Belästigung
- Zwang zu gesundheitsschädigenden Arbeiten
- Verursachung von Kosten für Betroffenen
- Beschädigung von Arbeitsmaterial oder Arbeitsplatz
- Androhung oder gar Anwendung körperlicher Gewalt usw.

Am häufigsten werden die Opfer jedoch lächerlich gemacht, ausgegrenzt, lautstark verunsichert, ggf. durch unterschwellige Drohungen zermürbt.

Auch Vorgesetzte machen sich hier zunehmend schuldig, teils durch eigenen unrühmlichen Einsatz, teils durch Duldung (aus Schwäche oder Strategie) entsprechender Attacken in ihrem Bereich. Es heißt sogar: Ein Drittel auf gleicher Ebene, zwei Drittel von "oben nach unten" (nur sehr selten von "unten nach oben").

Katastrophale Langzeitfolgen

Die Konsequenzen sind bekannt: Ein belastetes Betriebsklima führt zu Demotivation, fehlendem Engagement, Leistungsrückgang oder gar -einbruch, von den zahlreichen Reibungsverlusten (auch für Nicht-Beteiligte durch die gesamt-belastete Atmosphäre) ganz zu schweigen. Für die Opfer selber bedeutet die seelische, schließlich psychosomatisch interpretierbare, psychosoziale oder gar körperliche Konsequenz ggf. Kündigung oder Frühverrentung.

Neuerdings glaubt man sogar, das Mobbing in verschiedene Phasen einteilen zu können, die mit Stress, Nervosität und ersten psychosomatischen Störungen beginnen und schließlich mit erhöhter Selbsttötungsgefahr enden.

Den Anfängen wehren - sonst brechen alle Dämme

Mobbing ist ein Schlagwort. Schlagworte sind mit Vorsicht zu genießen. Meist sind sie auch nur neue Begriffe für alte Tatbestände, die plötzlich ausufern oder vermehrt ins Blickfeld geraten. Mobbing ist ein solches Beispiel. Eigentlich könnte man darüber hinweg sehen, meinen viele Vorgesetzte oder Nicht-Betroffene. Vielleicht ist es sogar ein "ganz nützliches Auslese-Instrument in einer zeitbedingten Ellenbogen-Gesellschaft". Was soll man auch dagegen tun?

Doch Mobbing ist nicht nur hart für die Opfer, es kann auch einen Betrieb in gefährliche Gewässer lotsen. Mobbing besitzt ein beträchtliches Schädigungspotential und breitet sich rasant aus.

Mobbing ist vor allem deshalb so gefährlich, weil es von vielen Betroffenen, die nicht nur leiden, sondern sich deshalb auch schämen, nicht zugegeben wird. Das ist wahrscheinlich sein größtes Gefahrenpotential, weil es - heimlich, still und leise - zuerst das Ausbrennen (siehe das Burnout-Syndrom in der Internet-Serie Psychiatrie heute) und die "innere Kündigung" fördert. Und schließlich langfristig seelisch und sogar körperliche Folgen hinterlässt, die zuletzt die Solidargemeinschaft zu tragen hat.

Glücklicherweise scheint man das Problem inzwischen zu begreifen. Auch die Ärzteschaft beginnt sich zwar erst langsam, aber unter den Bedingungen des Praxisalltags immer mehr mit dieser neuen Aufgabe zu beschäftigen. Doch die Hauptlast tragen derzeit die Mobbing-Beratungsstellen, vor allem in Großstädten. Es sind jedoch noch viel zu wenige und dann meist überlastet. Dabei wäre gerade hier die Prävention das Wichtigste.

Denn die Therapie ist nicht einfach - je später, desto schwieriger (Prof. Dr. med. Volker Faust).

Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.
Bei persönlichen Anliegen fragen Sie bitte Ihren Arzt.
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