Prof. Dr. med. Volker Faust Psychosoziale Gesundheit von Angst bis Zwang Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln |
HAUT UND SEELISCHE STÖRUNGENAtopische Dermatitis (Neurodermitis) - Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte) - Kontaktdermatitis - Akne vulgaris - Periorale Dermatitis - Urtikaria - Lichen ruber - Vitiligo - Kollagenosen (Lupus erythematodes, Sklerodermie) - Somatoforme Störungen - Juckreiz ohne organisch fassbare Ursache - Selbstmanipulierte (vorgetäuschte) Hautkrankheiten (Münchhausen-Syndrom) Anhang: Haut und Depression, Manie, Schizophrenie oder sonstige wahnhafte Störungen (Dermatozonenwahn), Alkoholismus, Rauschdrogenkonsum u.a. Die meisten Hautkrankheiten haben eine organische Ursache. Bei manchen aber können auch seelische und psychosoziale Hindergründe eine Rolle spielen. Nachfolgend deshalb eine kurzgefasste Übersicht über die wichtigsten Hautleiden, bei denen psychosomatische Gründe entscheidend mitbeteiligt sind. EINLEITUNG: DIE HAUT ALS SPIEGEL DER SEELEDie Haut als Spiegel der Seele ist eine alte Erkenntnis. Hautkrankheiten können eine organische (biologische), aber auch seelische Ursache haben. Nicht selten ist es beides, nämlich eine organische Disposition (Neigung, ggf. sogar erbliche Belastung) sowie ein seelischer bzw. psychosozialer Auslöser (partnerschaftlich, familiär, beruflich, nachbarschaftlich usw.). Dieser enge Zusammenhang geht auf eine frühe Erfahrung zurück: Die Haut als psychologisches MediumDie Haut ist ein wichtiger Vermittlungsfaktor in der Verbindung zwischen Kind und Umfeld, insbesondere der Mutter. Vor allem durch den Körperkontakt mit der Mutter und die dadurch vermittelte Sicherheit nimmt das Kind die Haut nicht nur als Körperoberfläche, sondern auch als psychologische Dimension wahr. Aus psychoanalytischer Sicht kommt deshalb der sogenannten "taktilen Phase" (vom lat.: tactus = Berührung), also der frühesten Phase in der psychologischen Entwicklung des Menschen eine entscheidende Bedeutung für die spätere Persönlichkeitsentwicklung zu. Ist sie gestört (zu wenig oder als unangenehm erlebt), kann das Kind bestimmte Gemütszustände aus dieser Zeit später an dem Sinnesorgan "Haut" festmachen. Im Gegensatz zu angeborenen Hautveränderungen, die nur selten Probleme in der Persönlichkeitsentwicklung auslösen, lassen sich zwischenmenschliche Schwierigkeiten aus späteren Lebensphasen (z.B. sogenannte Nähe-Distanz-Probleme) sehr oft auf entsprechende Entwicklungsstörungen in der Kindheit zurückführen (siehe später). Dazu kommt der Teufelskreis der ja meist sichtbaren Hautveränderung, die sich wiederum auf die Persönlichkeit des Betroffenen auswirkt. Denn Körperbild und Haut stehen in engen Zusammenhang. Durch sichtbare - vor allem entstellende - Hautveränderungen, die zumindest heimliche Verunsicherung, wenn nicht gar Ekel auslösen, leidet naturgemäß das Selbstwertgefühl. Die Folge sind Minderwertigkeitskomplexe, Kontaktängste, Rückzugsneigung, Isolationsgefahr und ein Teufelskreis, der sich ständig selber anheizt. Tatsächlich stehen Hautkrankheiten in unserer Gesellschaft mit einigen seelischen Störungen (z.B. Schizophrenie und Suchtkrankheiten) an erster Stelle in der negativen Bewertung durch die Allgemeinheit. "Kranke Haut" provoziert am häufigsten die Furcht vor Ansteckung und damit Antipathie, Ablehnung, Widerwille oder gar Ekel.
EINTEILUNG DER HAUTKRANKHEITEN UNTER PSYCHOSOMATISCHEN GESICHTSPUNKTENMan kann Hautkrankheiten einteilen unter
Hauterkrankungen aus psychosomatischer Sicht kann man in drei Gruppen unterteilen: 1. Hauterkrankungen, bei denen psychosomatische Aspekte (= seelische Probleme äußern sich körperlich) eine Rolle spielen = psychosomatische Hauterkrankungen. Beispiele: Atopische Dermatitis (Neurodermitis), Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte), Kontaktdermatitis, Akne vulgaris, periorale Dermatitis, Urtikaria, ferner Lichen ruber, Vitiligo, die Kollagenosen (Sklerodermie, Lupus erythematodes usw.) und einige Haar-Erkrankungen (siehe das Kapitel Haar und seelische Störung). 2. Hauterkrankungen, die auf ein psychiatrisches Leiden zurückgehen. Beispiele: somatoforme Störungen (Befindlichkeitsstörungen, hypochondrische Aspekte), Pruritus sine materia, dermatologische Wahnsyndrome (z.B. Dermatozoenwahn - s. dieser) sowie die vorgetäuschten Störungen (Artefaktkrankheiten der Haut). 3. Hauterkrankungen, die auf keine seelischen oder psychosomatischen Ursachen zurückgehen, die aber entsprechende Folgen nach sich ziehen (somatopsychische Hauterkrankungen, d.h. zuerst das Haut-Leiden und dann seine seelischen und psychosozialen Konsequenzen). Nachfolgend eine stichwortartige Kurzfassung der wichtigsten Beispiele zum Phänomen "Haut und seelische Störung" (nach Deter und Mitarbeiter - siehe Literaturverzeichnis): Atopische Dermatitis (Neurodermitis) Die atopische Dermatitis oder Neurodermitis ist eine immer wieder auftretende bzw. schließlich chronische Hauterkrankung mit starkem Juckreiz. Betroffen sind etwa 1,5 bis 3 % der Bevölkerung (beim Hautarzt jeder vierte Patient?). Krankheitsbild: typische Ekzeme (Juckflechte), vor allem aber Pruritus (Juckreiz). Dieser ist abhängig von Körperstelle, Tageszeit und subjektiver Belastung (Aufregung, Wut, Ärger, seltener auch Freude, kann gelegentlich sogar psychisch ausgelöst werden). Häufig nachts. Folgen: Konzentrations- und Leistungsabfall, Schlafstörungen, ständiges Kratzen. Letzteres führt kurzfristig zu einer Milderung des Juckreizes, doch zu keinem Ende und vor allem auch zu Entzündungsreaktionen in der aufgekratzten Haut mit erneutem Juckreiz und damit Teufelskreis. Möglich ist auch der Ablauf: innere Spannung > Juckreiz > Kratzen > Spannungslösung > kratzbedingter Juckreiz > Teufelskreis. Das kann in regelrechten "Kratzanfällen" enden ("Juckreiz-Kratzzirkel" als Spannungsentladung unbewusster Gemütsregungen). Eine erbliche Disposition (Neigung und damit ggf. Schwachstelle) scheint gesichert, die eigentliche Krankheitsursache noch nicht. Psychische Aspekte haben auf jeden Fall einen (entscheidenden?) Anteil. Eine spezifische Persönlichkeitsstruktur liegt wahrscheinlich nicht vor, allerdings bestimmte Auffälligkeiten (beeinträchtigtes oder eingeschränktes Kontaktverhalten, Schüchternheit, Unsicherheit usw. - Ursache oder Folge?). Die frühkindliche Form wird als "Milchschorf" bezeichnet (schon in den ersten Lebensmonaten, vor allem behaarter Kopf und seitliche Gesichtspartien). Später vor allem die großen Gelenkbeugen, Nacken, Füße und Hände. Therapie: dermatologische Behandlung (Hautarzt). Auf subjektive Streßfaktoren achten. Juckreiz-Kratz-Teufelskreis zu unterbrechen versuchen. Hilfreich ist dabei ein sogenanntes "Kratz-Tagebuch": Wann tritt der Juckreiz und damit das Kratzen auf und vor allem was hat es ausgelöst? Dadurch lassen sich psychische und allergische Einflüsse besser unterscheiden. In psychotherapeutischer Hinsicht empfehlen sich Entspannungsübungen, psychologisches Training und eine sogenannte dermatologische Schulung. Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte) Die Psoriasis (griech.: psora = Schuppung, Krätze) ist eine chronisch entzündliche Hauterkrankung und nach dem Ekzem (Juckflechte) die zweithäufigste Hautkrankheit (1 bis 2 % der Bevölkerung). Krankheitsbild: Es handelt sich um rundliche bis ovale rote Flecken (Plaques) mit silbrig-weißer Schuppung, vor allem an den Streckseiten der Ellenbogen und Knie, an behaartem Kopf und Gesäß. Häufig sind auch mykoseähnliche Veränderungen (Pilzbefall) der Finger- und Fußnägel, der Handinnenflächen und Fußsohlen sowie sogenannte Tüpfelnägel und ein "Ölfleck" im Nagel. Eine erbliche Belastung ist wahrscheinlich. Auslösefaktoren sind einerseits Entzündungen, andererseits psychische Beeinträchtigungen, aber auch klimatische, mechanische und chemische Reize sowie Medikamente (z.B. Lithium und Beta-Blocker). Befallen ist vor allem das mittlere Lebensalter. In seelischer Hinsicht kann man bei Psoriasis-Patienten im Allgemeinen nicht von einer neurotischen Entwicklung oder Persönlichkeitsstörung ausgehen, im Gegenteil: gesellig, gelassen, extrovertiert usw. Andererseits fällt immer wieder die Tendenz auf, den Ärger in sich hineinzufressen, d.h. aggressions-gehemmt zu sein. Das könnte allerdings auch mit dem äußeren Erscheinungsbild des Leidens zu tun haben ("am besten, man fällt erst gar nicht auf"). Nicht selten sind auch depressive (konkreter: subdepressive, also eher unterschwellig resigniert-deprimierte) Einstellung sowie zwanghafte Charakterstrukturen und Erlebnisreaktionen, und zwar meist schon vor Ausbruch der Psoriasis. Streß und seelische Belastung können regelrechte Psoriasis-Schübe auslösen. Beispiele: Unfall, Kriegserlebnis, Tod naher Verwandter, aber auch Prüfungsangst u.a. Die Schwere der Psoriasis hängt mit der Schwere der psychosozialen Belastung zusammen. Auch Alkoholismus und suizidale (Selbsttötungs-)Tendenzen finden sich gehäuft. Ein besonderes Problem ist die Gefahr eines Teufelskreises: Psoriatiker sind stressanfällig, das führt zur Auslösung eines erneuten, meist unvorhergesehenen Krankheitsschubes. Die Folge ist eine erneute starke Belastung und Beeinträchtigung durch das äußere Erscheinungsbild, eine seelische und psychosoziale "Labilisierung" und damit verstärkte Anfälligkeit. Die Konsequenzen hängen allerdings von Krankheitsverarbeitung, sozialen Kontakten, zwischenmenschlichen und sexuellen Beziehungen und von konkreten Behinderungen im familiären und Berufsleben ab. Folgenschwer ist der Ausbruch in der Pubertät, was dann zu Depressionen, Rückzug, sozialer Isolation und Selbsttötungsneigung schon in jungen Jahren führen kann. Deshalb gilt: Je älter der Patient zu Beginn seiner Ersterkrankung und je besser in seine Umwelt integriert (Partnerschaft, Familie, Berufsleben), desto günstiger die Krankheitsverarbeitung und desto unwahrscheinlicher das, was man in Fachkreisen eine "Entstellungs-Neurose" nennt (d.h. die neurotische Entwicklung mit Ängsten, depressiven Verstimmungen, Rückzug usw. geht vor allem auf die Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes und den damit verbundenen Befürchtungen zurück). Ein großes Problem ist auch die (unberechtigte!) Ansteckungsangst der Umgebung, was sich vor allem in Sexualität, aber auch öffentlichem Auftreten, insbesondere in entsprechender Sport- oder Badebekleidung äußert (Training, Sauna, Schwimmbad). Im negativen Falle kann sich der Patient deshalb in praktisch allen Lebensbereichen als krank erleben. Trotzdem findet man nicht selten eine fast schon erstaunliche Verleugnung dieses Krankheitszustandes und eine oft unkritisch erscheinende Hoffnung auf endgültige Heilung. In manchen Fällen scheint dieser Bewältigungsmechanismus auch halbwegs erfolgreich, vor allem um sich vor Hilflosigkeit und Depressionen zu schützen. Dass es nicht immer funktioniert, beweisen aber nicht nur die häufig anzutreffende Resignation und Depressivität, sondern auch verunglückte Selbstbehandlungsversuche (Alkoholismus) und Selbstbelohnungsversuche (Adipositas = Fettsucht). Und die erwähnte verstärkte Suizidneigung. Therapie: Nach außen geben sich viele Psoriatiker eher unbefangen und kommunikativ, weil sie die Folgen halbwegs erfolgreich verdrängt haben (Stichwort: belangloser small talk). Hier muss der Therapeut gezielt und themenzentriert bearbeiten, was in Wirklichkeit ängstigt, deprimiert und hilflos macht. Ziel ist die Verbesserung der Einstellung des Psoriatikers zu seinem Körper und ein stabileres Selbstbewusstsein gegenüber den befürchteten bzw. realen Reaktionen der "hautgesunden Umwelt". Eine wichtige Unterstützungshilfe sind die Selbsthilfegruppen des Psoriasis-Bundes (in denen z.B. ein "erfahrener" und ein neuer Psoriasis-Patient zusammenarbeiten). Nützlich sind das Autogene Training und andere Entspannungstechniken (Streß-Vermeidung als Rückfall-Prophylaxe). Ähnliches gilt für Biofeedback-Methoden (größere Kontrolle über körperliche Vorgänge durch Rückmeldung physiologischer Abläufe) sowie die Hypnose. Grundlage ist eine stützende Psychotherapie, ggf. psychoanalytisch oder verhaltenstherapeutisch orientiert. Bei ernsteren Folgeerkrankungen wie den erwähnten Alkoholismus, Adipositas, Depressionen usw. braucht es einen speziellen therapeutischen Zugang. Kontaktdermatitis Die Kontaktdermatitis ist eine Hautentzündung (meist ein Erythem: entzündliche Hautrötung), die durch Kontakt mit einer Substanz ausgelöst wurde, auf die der Betroffene allergisch reagiert. Die Diagnose ist nicht einfach (im Gegensatz zur relativ schnell erkennbaren "Jeans-Knopf-Dermatitis"). Am ehesten sind es Modeschmuck (z.B. Nickel), berufliche oder medikamentöse Auslöser. Doch gerade die Kontaktdermatitis ist ein gutes Beispiel für das Zusammenspiel mehrerer Anlässe, in diesem Fall allergischer und gemütsmäßiger Ursachen. Eine typische "Allergie-Persönlichkeit" scheint es zwar nicht zu geben, dafür aber einzelne psychische Aspekte in verstärkter Ausprägung, z.B. depressive oder aggressive Neigungen des Betroffenen. Auch ausgeprägte Ängstlichkeit kann bekanntermaßen die Haut auf mögliche äußere Auslöser empfindlicher reagieren lassen. Nachgewiesen sind auch Allergien durch Autosuggestion (gefühlsmäßige Selbstbeeinflussung). Auch das Nicht-wahrnehmen-Wollen oder -Können eigener Gefühle oder der unangemessene Umgang mit Gefühlen in Konflikt- und Entscheidungssituationen kann solche Krankheitsverläufe ungünstig beeinflussen. Deshalb glaubt man bei manchen Formen der Kontaktdermatitis (z.B. bestimmte Hand-Ekzeme) doch gewisse, immer wieder auftretende Persönlichkeitstypen erkennen zu können: hohe Erwartungshaltung an die eigene Leistung, schonungsloser Umgang mit sich selber durch überhöhte Leistungsansprüche, zwangsläufiges Scheitern, Arger, Gefühle von Minderwertigkeit und Inkompetenz, Schuld und Frustration. Aus tiefenpsychologischer Sicht scheint manches auch Symbolcharakter zu haben: das Hand-Ekzem als Abhängigkeitskonflikt von anderen, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem man das Leben eigentlich "in die eigenen Hände nehmen sollte". Die Therapie ist nicht einfach. Einzelheiten siehe die entsprechenden Hinweise bei der atopischen Dermatitis (Neurodermitis). Psychotherapeutisch arbeitet man vor allem verhaltenstherapeutisch (z.B. Biofeedback, Selbstbehauptungstraining), ferner mit Hypnose sowie tiefenpsychologisch-analytisch. Wichtigstes Ziel: das Selbstwertgefühl heben. Im Falle des Hand-Ekzems geht es besonders um Abhängigkeits- und Ablösungsprobleme von anderen. Akne vulgaris Auch die Akne vulgaris ist ein mehrschichtiges Krankheitsbild auf seborrhoischer Grundlage (vermehrte Talgdrüsen-Produktion, Mitesser). Der Beginn fällt häufig in das 12. Lebensjahr, bei Mädchen vor allem vor die erste Monatsblutung. Die Intensität kann sehr unterschiedlich sein, erbliche Faktoren sind wahrscheinlich. Je früher der Beginn, desto schwerer der Verlauf. Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen, wobei das männliche Geschlecht durch Zysten und Narben hormonbedingt schwerere Dauerfolgen zu tragen hat. Mit der Pubertät endet die Erkrankung meist, doch gibt es auch eine Akne des Erwachsenenalters, bei der dann vor allem psychische Faktoren eine Rolle spielen sollen. Die Akne vulgaris kann man nach verschiedenen Gesichtspunkten einteilen: Form und Verlauf, Ursache sowie seelische bzw. psychosoziale Aspekte. Im Einzelnen: - Akne des Pubertätsalters: altersbedingt, normal, keine psychotherapeutischen Maßnahmen erforderlich. - Fortbestehende Akne oder erst nach dem 25. Lebensjahr beginnend: häufig neurotische Hintergründe, entsprechende Abklärung empfohlen. - Sogenannte Acne excoriée: Kratz-Folgen, psychotherapeutische Behandlung sinnvoll (weitere Einzelheiten siehe unten). - Dysmorphophobie (siehe diese) mit einem großen Missverhältnis zwischen subjektivem Leidensdruck und objektivem Befund (z.B. nur minimale Akne erkennbar, die der Betroffene allerdings zu einer fast lebensentscheidenden Belastung auswachsen lässt): unbedingt psychotherapeutische Behandlung. Selbsttötungsgefahr nicht auszuschließen. Eine typische Akne-Persönlichkeit gibt es offenbar nicht (wenn man von entsprechenden Belastungsfolgen absieht, wozu auch die Akne selber gehört). Manche Betroffene zeigen erhöhte Angstreaktionen, die meist auf ausgeprägte Minderwertigkeitsgefühle sowie Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Kontakt zurückgehen, was nachvollziehbar ist. In der Regel gilt: je früher, desto schneller beeinträchtigt, vor allem im zwischenmenschlichen Bereich (Rückzugs- und Isolationsgefahr). Es gibt aber auch psychisch stabile Akne-Patienten, deren Selbstwertgefühl nicht beeinflusst ist. Die oben erwähnte Acne excoriée mit ihren Kratzfolgen scheint häufig eine neurotische Selbstbeschädigung zu sein. Sie soll oftmals eine schwere Depression verdecken (sogenannte "soziale Selbsttötungsneigung"), die auf entsprechende Konflikte, oft erotischer oder sexueller Art zurückgeht. Manchmal ist sie auch ein Schutzmechanismus gegen Inzest-Gefahr (sich verunstalten und damit schützen - siehe das entsprechende Kapitel über Inzest). Der Leidensdruck bei der Akne generell wird meist unterschätzt, auch wenn die gezielte Verharmlosungstendenz mancher Akne-Patienten dagegen spricht. Im Allgemeinen belastet der zu erwartende Teufelskreis: vermehrte Aufmerksamkeit des Betrachters (Akne bisweilen auch fälschlich als Ansteckungsgefahr gefürchtet) > zunehmende Vermeidungsreaktionen des Betroffenen, auch vorwegnehmend > Rückzugsneigung und Isolationsgefahr > immer schwächer werdendes Selbstwertgefühl > Teufelskreis. Therapie: Der Arzt wird - wie so oft - erst relativ selten aufgesucht, meist nach mehreren vergeblichen Selbst- oder nicht-ärztlichen Fremdbehandlungsversuchen. Wird schließlich der Hausarzt oder Dermatologe konsultiert, muss neben dem organischen Krankheitsbild auch die psychosoziale Situation berücksichtigt werden. Deshalb neben der exakten Untersuchung auch eine genaue Erhebung der Vorgeschichte (Fachausdruck: Anamnese). Wird eine Psychotherapie notwendig, so dürfte es in der Regel die Verhaltenstherapie sein. Dabei greift man vor allem auf Selbstsicherheit- und Entspannungstechniken, auf Biofeedback und ggf. Hypnose zurück, um insbesondere die Streß-Faktoren in den Griff zu bekommen. Bei familiären Loslösungskonflikten empfiehlt sich eine familientherapeutische Behandlung. Periorale Dermatitis Die periorale Dermatitis belastet durch kleine entzündliche Papeln (Bläschen) auf diffus oder fleckig geröteter Haut rund um die Mundregion. Sie sind zwar nicht sehr lästig, aber eine erhebliche kosmetische Beeinträchtigung. Die eigentliche Ursache ist ungeklärt, letztendlich aber wohl mehrschichtig. Zum einen der übertriebene Einsatz von Hautpflegemitteln im Allgemeinen und kortikosteroidhaltigen Salben im Speziellen (prompte Besserung, Rückfall nach Absetzen, zuletzt sogenannte Kortikosteroidschäden), zum anderen psychosomatische Aspekte. Betroffen sind oft gepflegte und geistig differenzierte Frauen mit entsprechenden sozialen Ansprüchen bzw. in gehobener beruflicher und gesellschaftlicher Positionen zwischen 30 und 45 Jahren. Häufig die Klage über verstärkte vegetative Labilität (z.B. Blutdruckabfall mit entsprechenden Symptomen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Darmverstopfung usw.). Die Hauterscheinungen treten zwar meist unregelmäßig, aber immer wieder auf, nicht selten in Zusammenhang mit partnerschaftlichen oder beruflichen Konfliktsituationen bzw. Dauerbelastungen. In psychologischer Hinsicht finden sich meist relativ hohe Intelligenz, aber emotionale Unreife bis hin zu "hysterieähnlichen" Verhaltensweisen (siehe Hysterie). Vor allem aber Störungen im zwischenmenschlichen Kontakt, die auch durch überwiegend willentlich oder intellektuell gelenkte Anpassungsbemühungen nicht verringert werden können. Tiefenpsychologisch soll die Grundstörung der meisten Patientinnen in einer problematischen Vater-Tochter-Beziehung bestehen (zu viel oder zu wenig Zuwendung). Die Folge ist ein Kompensations-Mechanismus (z.B. Selbständigkeit, Aktivität, Erfolg) bis zur Idealisierung dieser problematischen Vaterfigur. Man glaubt sogar unterschiedliche Typen unterscheiden zu können, die aber alle am gleichen Problem scheitern. Beispiel: Die idealisierte Vater-Gestalt wird auf den Partner übertragen, was häufig (zwangsläufig?) zur Enttäuschung und damit zu einer unbefriedigenden Dauerbeziehung bzw. gar zum Partnerwechsel führt. Bei Bedrohung des labilen seelischen Gleichgewichts tritt dann das irritierende Haut-Bild auf, und zwar um eine in dieser Hinsicht besonders problematische "emotionale Zone", nämlich den Mundbereich. Die Therapie ist unter diesen Bedingungen nicht einfach, weshalb oftmals nur eine psychoanalytisch orientierte Psychotherapie zu einem halbwegs befriedigenden Erfolg führt. Urtikaria Die Urtikaria ist eine der häufigsten Hauterkrankungen: Quaddeln mit Rötung und Juckreiz aufgrund von Flüssigkeitsansammlung in bestimmten Hautgeweben. Auslöser sind Kälte, Hitze, Druck, ferner bestimmte Nahrungsmittel und Medikamente. Doch in mehr als der Hälfte der Fälle findet sich keine eindeutige Ursache. Besonders für die chronische Urtikaria scheinen deshalb psychische Faktoren von Bedeutung zu sein. Hier steht eine befriedigende psychologische Erklärung noch aus, trotz zahlreicher Untersuchungen und Befragungen. Am ehesten scheinen Streß-Faktoren eine Rolle zu spielen, vor allem ungerechtfertigte Kritik nahestehender Menschen sowie die Überzeugung, mit der belastenden Situation nicht fertigzuwerden. Nach den bisherigen Erkenntnissen fasst man dies wie folgt zusammen: - Erhöhte Bereitschaft, auf bestimmte Streßsituationen im zwischenmenschlichen Bereich gefühlsmäßig und damit auch im Hautbereich zu über-reagieren. - Ungünstige, vor allem nicht aktive Strategien zur Streßbewältigung. - Erhöhte Ängstlichkeit und Depressivität, was obige Belastungen, zumindest z.T. erklärt, vor allem aber verstärkt. In den zwischenmenschlichen und beim Arztbesuch dann auch dort auffallenden Beziehungen werden besonders zwei Aspekte deutlich: Zum einen eine meist unterwürfige Haltung, die bereit ist, alle noch so eingreifenden Maßnahmen (in therapeutischer Hinsicht vor allem Diäten) einzuhalten. Hier spricht man in fachlicher Hinsicht von einer Aggressionshemmung. Zum anderen aber nicht nur erhöhte Ängstlichkeit und Depressivität, sondern auch Resignation und Entmutigung, d.h. es wird zu schnell unterstellt: Es hat ja alles keinen Sinn, es gibt ja doch keinen Ausweg. Dies ist die psychosomatische Therapie-Chance, die neben der medikamentösen Behandlung (meist Antihistaminika) vor allem auf das Erkennen und Steuern von Streßfaktoren eingeht. Häufig reicht schon die gezielte Therapie (Fokaltherapie) von konkreten aktuellen Konflikten und Belastungssituationen, um eine nachhaltige Besserung einzuleiten. Lichen ruber Der Lichen ruber planus ist eine meist stark juckende Hauterkrankung mit kleinen Knötchen (deshalb auch Knötchenflechte genannt), die nicht allzu häufig vorkommt und vor allem auch nicht ansteckend ist. Ihre Ursachen sind letztlich unklar, weshalb man auch psychische Aspekte mit ins Gespräch bringt. Tatsächlich sollen insbesondere "übernervöse, zu hektischer Betriebsamkeit neigende Menschen" betroffen sein. Erwachsene häufiger als Kinder, meist Mitte zwanzig, doch ist kein Lebensalter völlig ausgeschlossen. Die Nähe zur psychosomatischen Störung ist nach bisherigen Erkenntnissen eher schwierig beweisbar, weil sie sich an letztlich so häufigen und unspezifischen Beeinträchtigungen festmacht wie "emotionale Instabilität", Überforderung, Anspannung, Ängstlichkeit usw. Deshalb halten sich auch die psychotherapeutischen Empfehlungen in Grenzen. Vitiligo Die Vitiligo oder Weißfleckenkrankheit ist eine relativ häufige Depigmentierung (also Verlust von Pigmenten, d.h. Körperfarbstoffen). So entstehen weiße Hautflecken, vor allem in Bereich von Händen, Gesicht und Stamm, wobei sogar die Haare in den erkrankten Hautzonen pigmentlos, d.h. weiß werden. Verlauf und Verteilung dieser Flecken sind unregelmäßig und vor allem unvorhersehbar. Die Vitiligo kann isoliert, aber auch in Verbindung mit anderen Erkrankungen auftreten (z.B. Schilddrüsenleiden, Diabetes mellitus, perniziöse Anämie, manchmal bei bösartigen Melanomen und Alopecia areata-Haar-Erkrankungen - siehe diese). Da jedoch auch seelische Störungen eine Rolle spielen können, handelt es sich möglicherweise um eine sogenannte Autoimmunkrankheit mit psychosomatischen Wechselwirkungen. Eine Autoimmunkrankheit, auch Autoaggressionskrankheit genannt, ist ein Leiden, bei dem sich der Organismus durch körpereigene Substanzen zu schädigen vermag. Kommen dazu noch seelische Komplikationen hinzu, wird alles noch problematischer. Tatsächlich wurde bei manchen Vitiligo-Patienten schon früher eine Neigung zur neurotischen Entwicklung gefunden, wobei Ursache und Folge nicht immer eindeutig auseinanderzuhalten sind (eine Neurose ist eine seelisch bzw. psychosozial bedingte seelische Gesundheitsstörung ohne nachweisbare organische Grundlage mit einem vielfältigen und je nach Schwerpunkt unterschiedlich ausgeprägtem Bewerdebild: Ängste, Zwänge, Verstimmungen, hypochondrische und psychosomatische Störungen u.a.). Zumindest bei Vitiligo mit Neurodermitis und Alopecia areata (siehe diese) sind emotionale Stress-Faktoren die Auslöser, und zwar etwa 2 bis 3 Wochen nach der jeweiligen Ursache. Auch bei Kindern scheint die Vitiligo insbesondere bei schweren Persönlichkeitsstörungen und Verhaltensanomalien gehäuft aufzutreten. Auf jeden Fall wird die Weißfleckenkrankheit durch Streß verschlimmert. Die seelischen und psychosozialen Konsequenzen einer solchen - kosmetisch nicht unerheblichen - Entstellung äußern sich meist in depressiven Zuständen, Sexual- und Angststörungen sowie Verhaltensänderungen, insbesondere Rückzug und Isolationsgefahr. Die Therapie basiert auf einer stützenden Arzt-Patient-Beziehung und der Möglichkeit zur ständigen Aussprache, vor allem was die alltäglichen Kümmernisse anbelangt (z.B. sexuelle Kontakte, zumal die Depigmentierungen auch im Genital- und Brustbereich auftreten). Kollagenosen Die Kollagenosen sind der Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen mit systematisierten Bindegewebsveränderungen. Dazu gehören beispielsweise - der Lupus erythematodes: charakteristische Veränderungen an Haut, Gelenken und sogar inneren Organen mit kosmetisch ausgesprochen störenden Veränderungen (deshalb auch lupus = "fressende Flechte"). - Die Sklerodermie: Befall von Gefäßen, Gelenken und schließlich Haut mit teigigen oder knotigen Schwellungen, Pigmentverschiebungen, Verhärtungen und absterbendem Gewebe (was schließlich sogar auf die inneren Organe übergreifen kann). Besonders die Sklerodermie hat in psychosomatischen Kreisen manche Diskussion ausgelöst, unabhängig von den deprimierenden psychosozialen Folgen für die Betroffenen. Auch bei den Kollagenosen spricht man neben bestimmten Persönlichkeitsfaktoren (Ursache oder Folge?) vor allem von emotionaler Labilität und unspezifischen Streßfaktoren (nicht selten alltäglich, wenngleich oft dauerhaft), die nicht ausreichend verarbeitet werden können. Die Konsequenzen liegen auf der Hand: Teufelskreis von Beeinträchtigung oder gar Schmerz und depressiver Reaktion, Hoffnungslosigkeit, Rückzugsneigung und Isolationsgefahr, manchmal sogar verstärkte Selbsttötungsphantasien. Die Psychotherapie ist vor allem stützend und damit das Selbstwertgefühl stärkend. Weitere Hauterkrankungen Schließlich sei noch auf eine Reihe weiterer Hauterkrankungen hingewiesen, bei denen seelische Aspekte im Vordergrund stehen (sogenannte psychiatrische Hauterkrankungen). Dazu gehören somatoforme Störungen, Pruritus sine materia (Juckreiz), die chronisch vorgetäuschten Störungen (Artefaktkrankheiten der Haut) sowie die chronisch taktile Halluzinose. Kurz gestreift werden auch Hautveränderungen bei Depression, Manie, Schizophrenie, Alkoholismus, Toxikomanie u.a., auch wenn es sich dort wohl um mehr organische, als psychosomatisch interpretierbare Ursachen handeln dürfte. Im Einzelnen: Somatoforme Störungen Die somatoformen Störungen (aus der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen - ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation - WHO) gehören zu dem dortigen Kapitel "neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen". Diese werden wiederum unterteilt in Somatisierungsstörungen, hypochondrische Störungen, somatoforme autonome Funktionsstörungen (Herz-Kreislauf, Magen-Darm, Atemsystem, Blase usw.) sowie anhaltende Schmerzstörungen. Aus dermatologischer Sicht spielen hier vor allem Juckreiz, Schweißausbrüche, Erröten, Angst vor Haarverlust und bestimmte Schmerzformen eine Rolle. Einzelheiten siehe die jeweiligen Fachbegriffe bzw. Kapitel. Juckreiz (Pruritus) ohne organisch fassbare Ursache Juckreiz bzw. Hautjucken (Pruritus) ohne organisch fassbare Ursache ist eine relativ häufige Störung auf seelischer Grundlage. Zuvor müssen allerdings organische Ursachen ausgeschlossen werden. Juckreiz als Symptom eines körperlichen Leidens findet sich z.B. bei Hauterkrankungen (atopische Dermatitis, Lichen ruber, Urticaria - siehe diese), Pilzbefall), bei parasitären Erkrankungen (z.B. Krätze), bei metabolischen oder endokrinologischen Leiden (Urämie, Cholestase, Eisenmangel, Gicht, Diabetes mellitus, Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse) sowie bei Tumoren (Hodgkin, Leukämie u.a.). Juckreiz scheint nicht - wie früher angenommen - eine ("verdünnte") Unterform der Schmerzempfindung zu sein. Er wird geradezu reflexartig mit einer Abwehrbewegung beantwortet, nämlich Kratzen, was möglicherweise einer Juckreizhemmung durch Schmerzauslösung entspricht. Die Intensität des Juckreizes hängt nicht nur von der Grundkrankheit (siehe oben), sondern auch von Körperstelle, Tageszeit und subjektiver Belastbarkeit ab. Juckreiz lässt sich aber nicht nur durch bestimmte Krankheiten sowie mechanische, elektrische oder chemische Reize auslösen, sondern auch seelisch provozieren. Auffallend häufig treten dabei emotionale Erregung auf, also Wut, Ärger, Aufregung, mitunter sogar Freude. Offenbar können lebensverändernde Ereignisse Juckreiz hervorrufen (bzw. die Juckreizschwelle senken); bei entsprechenden Erkrankungen sogar die Erinnerung an frühere Leiden. Ein besonderes Problem ist der Juckreiz als sogenannter "Juckreiz-Kratz-Zirkel" bei psychosomatisch interpretierbaren Hauterkrankungen wie atopischer Dermatitis (siehe diese). Dort hat das gleichmäßige Reiben und Scheuern mit der Handfläche spannungsmindernden Charakter. Therapeutisch empfiehlt sich bei solchen Hauterkrankungen nach den Auslösern des Juckreizes zu suchen (Streß, Belastungen, Lebensveränderungen). Auch muss der Patient auf den möglicherweise bereits eingefahrenen "Juckreiz-Kratz-Zirkel" aufmerksam gemacht werden, was schon für sich allein weiterhilft. Ansonsten vor allem Entspannungsverfahren, ggf. Verhaltenstraining sowie juckreizstillende Salben. Selbstmanipulierte (vorgetäuschte) Hautkrankheiten Selbstschädigendes Verhalten ist seit dem Altertum bekannt. Das hat verschiedene Aspekte (Initiationsrituale, religiöse Riten u.a.), aber auch die Selbstbeschädigung, in dem man Symptome vortäuscht, erschwert oder künstlich hervorruft, um eine Patientenrolle zu erzwingen. Unterscheidungsmöglichkeiten zwischen Simulation, Aggravation und selbstschädigende Verhalten siehe Kasten.
Ursprünglich bezeichnete man dies als Münchhausen-Syndrom, später als Artefaktkrankheit, Mimicry-Phänomen und schließlich als vorgetäuschte Störung (engl.: factitious disorder). Der neutralste Begriff scheint die selbstmanipulierte Krankheit zu sein. Am häufigsten sind wahrscheinlich vorgetäuschte Störungen (Artefaktkrankheiten) der Haut. Die Häufigkeit ist schwer abschätzbar. Frauen sind deutlich überrepräsentiert (Männer finden sich mehr bei Simulation, also bewusster(!) Vortäuschung). Altersmäßig dominiert die Zeit zwischen Pubertät und frühem Erwachsenenalter. Die Methoden, Hautverletzungen zu provozieren, sind vielfältig: Verätzung durch Laugen, Säuren, Terpentin, Benzin usw., mechanische Einwirkungen durch Reiben, Scheuern, Quetschen, thermische Verletzungen durch Zigaretten oder heiße Flüssigkeit, Injektionen unter die Haut von Urin, Blumenwasser, Speichel, Medikamenten mit Abszess- und Blasenbildung usw. Selbstmanipulierte Hautkrankheiten finden sich vor allem in jenen Körperregionen, die mit den Händen gut erreichbar sind: Arme und Beine, seltener Gesicht, Brust, Bauch und - naturgemäß - sehr selten der Rücken. Wichtig ist die Vielgestaltigkeit, die "echten" Hauterkrankungen kaum entspricht sowie die plötzlichen Übergänge von gesunden zu kranken Hautpartien. Außerdem sieht man fast immer das Vollbild und nie frühere Entwicklungsstadien der Erkrankung. Kann man den Heilungsprozess überwachen, kommt es rasch zur Besserung - und später zu plötzlicher Wiedererkrankung. Auch in seelischer und psychosozialer Hinsicht sind die Betroffenen anders als die Mehrzahl der "normalen" Patienten: häufig sehr emotionslos (fast gemütsarm erscheinend) und unterwürfig, still und stumm, geduldig (selbst bei zahlreichen und ggf. schmerzhaften diagnostischen Eingriffen), dann aber auch wieder missgestimmt, reizbar, ja aggressiv oder gar feindselig. In der Vorgeschichte finden sich oftmals einschneidende Erlebnisse, vor allem in der Kindheit: schwere körperliche Erkrankungen, Trennung, Misshandlung, Inzest u.a. Tiefenpsychologisch spricht man von einer Wieder-Inszenierung der damaligen Verletzungen in Form von selbst zugefügten (Haut-)Erkrankungen. Das Ganze geht bis zu verstärkter Selbsttötungsneigung (erhöhte Suizidgefahr). Auch das gemeinsame Auftreten von selbstmanipulierten Krankheiten sowie bestimmten weiteren Leiden wie Ess-Störungen oder Suchterkrankungen ist nicht selten. Selbstmanipulierte Krankheiten beziehen sich aber nicht nur auf die Haut (wenngleich dieses zahlenmäßig überwiegen dürfte), sondern auf praktisch alle Organe, die man in irgendeiner Form selber schädigen kann: Magen-Darm, Herz-Kreislauf, Wirbelsäule und Gelenke, Leber, Nieren, Blase, Blutbild, Blutdruck, weibliche Organe u.a.m. Unfassbar ist deshalb bisweilen die Zahl der Krankenhausaufenthalte, ja Operationen und Unfallereignisse, die auf dieser Schiene zustande kommen. Vor der Selbstbeschädigung empfinden sich die meisten Betroffenen unter starkem innerseelischen Druck und können die sich daraus ergebenden Spannungen fast nicht mehr aushalten. Nach der Selbst-Verletzung dagegen fühlen sie sich erleichtert, entspannt und befreit. Daher auch die psychiatrischen Umschreibungen: selbstmanipulierte Erkrankungen als "maskierte Selbstmordhandlung", aber auch als "mechanischer Tranquilizer" (Beruhigungsmittel), auf jeden Fall als "kutane (= Haut-)Notsignale", die alle auf ein schweres seelisches Leiden aufmerksam machen sollen. Die Therapie der selbstmanipulierten Hautkrankheiten ist - nachvollziehbarerweise - nicht ohne Brisanz. Üblich ist ein ganz bestimmtes Muster, was aber überaus belastend werden kann - für beide Seiten. Einzelheiten siehe das spezielle Kapitel selbstmanipulierte Krankheiten oder Münchhausen-Syndrom. HAUT UND PSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGDie Haut ist aber nicht nur der Spiegel der Seele in psychosomatischer Hinsicht, sondern auch bei psychiatrischen Erkrankungen. Denn selbst dort spielen psychosomatische Aspekte eine Rolle, wenn auch zumeist der biologische, also physiologische Anteil überwiegen dürfte. Das heißt, dass sich hier sogenannte neurohormonelle Veränderungen im zentralen Nervensystem im Organ "Haut" niederschlagen (z.B. Depression und Manie). Zusätzlich drohen dabei nicht nur innerseelische, sondern auch Vergiftungsfolgen, die gerade bei der Haut ihren Tribut fordern (z.B. Alkoholismus und Rauschdrogenkonsum). Im Einzelnen: Depression und Haut Depressiven muss man ihre Schwermut nicht unbedingt ansehen (z.B. "lächelnde Depression"), wird doch die Mehrzahl erst einmal auf körperlicher und psychosozialer Ebene irritiert, beeinträchtigt oder gar gequält, bis man schließlich auch die seelischen Krankheitszeichen wie Niedergeschlagenheit, Lust- und Freudlosigkeit, Minderwertigkeitsgefühle usw. zu registrieren beginnt. Was sich aber relativ früh feststellen lässt, zumeist durch Angehörige, Freunde, Nachbarn und Berufskollegen, ist der Umstand, dass der Betroffene "immer schlechter aussieht", schließlich sogar regelrecht "zu verfallen droht". Dies äußert sich nicht nur in einer zunehmend kraftlosen Bewegung, matten Gestik, vorn übergebeugten Haltung, in schleppenden Schritten und allgemein reduzierter Leistungsfähigkeit ("Bild des Jammers"), sondern auch in drei der wichtigsten zwischenmenschlichen Bereiche: der Sprache, den Augen und der Haut. Die Sprache wird immer eintöniger und leiser, die Augen glanzloser, matt oder gar wie verschleiert wirkend, oft noch mit einer plötzlich verstärkt auftretenden Oberlidfalte, die sich eigentlich erst im höheren Lebensalter auszubilden pflegt. Der Gesichtsausdruck wird ernst, müde, resigniert, am Schluss trostlos und fast wie erstarrt. Und die Haut bekommt eine "ungesunde" Farbe, wird grau-fahl und faltig ("um Jahre vorgealtert"). Und dies alles nicht im fortgeschrittenen Alter, sondern in den "besten Jahren" oder gar im ersten Lebensdrittel, wo so etwas nur durch schwere körperliche Erkrankungen erwartet wird, falls überhaupt. Obgleich dieser - bisweilen sogar rasch auftretende und damit besonders schockierende - "Verfall" große Bestürzung, Ängste, ja Panik und sogar Selbsttötungsgedanken auslöst, ist gerade der äußere Aspekt jene Beeinträchtigung, die einem bei einer Depression am wenigsten Kopfzerbrechen machen müsste. Denn alles vergeht wieder, und nichts, jedenfalls nichts von der erschreckenden äußerlichen Hinfälligkeit bleibt bestehen, wenn die Depression abgeklungen ist. Das setzt allerdings eine gezielte Therapie voraus, nämlich einen Gesamt-Behandlungsplan mit Psychotherapie (Behandlung mit seelischen Mitteln, hier meist stützende Gespräche), mit soziotherapeutischen Korrekturen und Hilfen, mit physiotherapeutischen Unterstützungsmaßnahmen (vor allem der zwar unbeliebte, aber hilfreiche "Gesundmarsch bei Tageslicht") und einer antidepressiven Pharmakotherapie, auf die in der Mehrzahl der Fälle heute nicht verzichtet werden sollte. Weitere Einzelheiten siehe der aus mehreren Unterkapiteln bestehende Beitrag über Depressionen. Manie und Haut Die Manie, der Gegenpol der Depressionen, wenn es sich um eine manisch-depressive Erkrankung handelt, ist auch das spektakuläre Gegenbeispiel, was den äußeren Aspekt anbelangt. Das wird umso deutlicher, wenn ein und derselbe Patient, ggf. über Nacht, von einer Manie in eine Depression oder umgekehrt "umschlägt". Dann kann man mitunter den gleichen Patienten kaum mehr wiedererkennen, so hat er sich gewandelt - zum Guten wie zum Schlechten. Das Gute aber ist hier leider nicht gut, sondern krankhaft, wenngleich in scheinbar positiver Hinsicht. Und so wird die "glanzvolle manische Erscheinung" genauso verschwinden wie der "depressive Zerfall". Doch zuerst einmal ist die Manie, die krankhafte Hochstimmung, das treffende Beispiel einer vitalen Entwicklung: blühendes Aussehen, aufrechte Haltung, temperamentvolle und dabei doch natürliche, geschmeidige Bewegung, lebhafte und leuchtende Augen, eindrucksvolle, ausdrucksstarke Mimik, glänzendes Haar, das sich gut legt (im Gegensatz zum Depressiven) - und eine gesunde, straffe Haut, die auch ohne Make-up großen Eindruck hinterlässt (wobei besonders weibliche Maniker von Letzterem noch zusätzlich ausgiebig Gebrauch machen). Der Depressive ist ein "Bild des Jammers", der Maniker das "blühende Leben" - und beides nicht zuletzt durch die (krankhafte) Veränderung der Haut. Therapeutisch bräuchte der Maniker eigentlich keine Behandlung, wenigstens nach eigenen Vorstellungen, sollte in Wirklichkeit aber so rasch wie möglich antimanisch behandelt werden (Lithiumsalze, Carbamazepin, Valproinsäure, ggf. Neuroleptika), weil er sich in psychosozialer Hinsicht einiges zu ruinieren droht (Partnerschaft, Familie, Nachbarschaft, Beruf, Finanzen, vor allem aber Ansehen) - von der früher oder später drohenden Gefahr eines Umschlagens in eine Depression ganz zu schweigen. Weitere Einzelheiten siehe das spezielle Kapitel Manie. Schizophrenie und Haut Die Schizophrenien gehören zu den Psychosen, also den Geisteskrankheiten, die ja in der Allgemeinheit einen schweren Stand haben. Dies liegt vor allem an dem von Vorurteilen geprägten Bild, das man sich in der Bevölkerung von einem solchen Leiden macht ("Spaltungsirresein") - noch immer. Dabei muss dieser Negativ-Eindruck nicht unbedingt falsch sein, er ist nur einseitig. Denn die überwiegende Mehrzahl der allein in Deutschland rund 1 Million zählenden schizophren Erkrankten (weltweit: ca. 60 Millionen) lebt unauffällig unter uns, fällt nicht auf und geht erfolgreich seiner Arbeit nach. Gibt es aber wieder eine Horror-Meldung in den Medien (obgleich diese in den letzten Jahren viel vorsichtiger und hilfreicher geworden sind), schlägt wieder das alte stereotype Vorurteil durch - und macht alle Aufklärung zunichte. Sind nun aber Schizophrene tatsächlich äußerlich nicht (mehr) erkennbar? Doch, es gibt nach wie vor schwer gezeichnete Kranke, meist Langzeit-Patienten in entsprechenden Kliniken oder Heimen, "denen man es schon von weitem ansieht." Doch - wie erwähnt - die überwiegende Mehrzahl ist durch die modernen Behandlungsmethoden (siehe unten) in die Lage versetzt worden, ein Leben zu leben wie andere auch, weil sie vor allem äußerlich nicht gezeichnet, sondern Menschen wie jedermann in ihrer Umgebung sind. Wenn man aber von einer Schizophrenie spricht, dann fallen den meisten besonders spektakuläre seelische Symptome ein: Wahn, Sinnestäuschungen und damit ggf. ungewöhnliche Verhaltensweisen usw. Doch wenn es denn wirklich entsprechende Beeinträchtigungen gibt, dann leiden manche Schizophrene auch unter einer sogenannten vegetativen Dysregulation mit unterschiedlichen körperlichen Beschwerden: Kopfdruck, Störungen von Herz, Kreislauf, Schlaf, Magen-Darm, Wasserlassen, Libido und Potenz, dazu unerklärliche Schmerzzustände u.a. Und auch die Haut kann beeinträchtigt sein: z.B. Neigung zu fettigem Salbengesicht und zu einem fast pastösen Aufquellen (und zwar schon ohne die antipsychotischen Neuroleptika, die gelegentlich ähnliche Nebenwirkungen machen können). Dazu ein labiles Gefäßsystem, also dauernd kalte Hände und Füße, Ödeme (d.h. Wasser im Gewebe) und ein gestörtes zentrales Temperatur-Regulationszentrum (Wetterfühligkeit). Dies alles geht aber in dem Maße zurück, wie die (medikamentöse) Therapie genutzt und damit erfolgreich ist. Denn die Therapie der Schizophrenien hat in den letzten Jahrzehnten so große Fortschritte verzeichnet, dass die - meist mit schizophren Erkrankten belegten - Fachkliniken ihre Betten um die Hälfte reduzieren konnten. Inzwischen gibt es auch eine neue Generation von Neuroleptika (antipsychotisch wirkenden Medikamenten), die nicht mehr die gefürchteten Nebenwirkungen haben, die früher gegen eine solche Behandlung ins Feld geführt wurden. Weitere Einzelheiten siehe die speziellen Kapitel Schizophrenie und Neuroleptika. Dermatozoenwahn Eine spezielle Unterform der wahnhaften Störungen bezüglich der Haut ist der Dermatozoenwahn. Das ist die unkorrigierbare Überzeugung, von Haut-Parasiten befallen zu sein, wofür dann als Beweismittel Hautschuppen, Schmutzpartikel, Wäscheflusen in Döschen oder Schachteln mitgebracht werden. Frauen sind öfter betroffen als Männer, das fortgeschrittene Lebensalter überwiegt. Manchmal übernehmen sogar nahe Angehörige solche Wahnvorstellungen. Die Haut der Betroffenen ist tatsächlich stark geschädigt und meist sehr trocken, und zwar durch die häufigen Reinigungsprozeduren, teilweise mit aggressiven Substanzen, um die vermeintlichen "Parasiten" endlich erfolgreich bekämpfen zu können. Die Therapie ist vor allem medikamentös (Neuroleptika), kommt aber nur selten zustande. Dafür eilen die Betroffenen verzweifelt von Arzt zu Arzt, um endlich Hilfe zu finden, was auch möglich wäre, aber nicht durch "anti-parasitäre" Salben und Tinkturen, wie immer wieder gefordert wird, sondern durch antipsychotisch wirkende Neuroleptika. Einzelheiten dazu siehe die Kapitel wahnhafte Störungen und Dermatozoenwahn. Alkoholkrankheit und Haut Die Alkoholkrankheit, die ja viel häufiger ist, als man allgemein annimmt und vor allem alle sozialen Schichten weitgehend gleich betrifft, führt nach einiger Zeit nicht nur zu seelischen und psychosozialen, sondern auch körperlichen Veränderungen. Dabei ist auch die Haut beteiligt, und zwar häufig: Dies betrifft neben einer ausgeprägten Schweißneigung (nachts, aber auch tagsüber) ein im fortgeschrittenen Zustand oftmals schwammiges und aufgedunsenes Gesicht mit Neigung zu entsprechenden Hautveränderungen (Akne) wie Pusteln, Knötchen, Krusten und schließlich Narben. Die bekannte "Trinker-Nase" (Fachausdruck: Rhinophym) ist in extremer Form zwar selten, bezüglich leichterer Veränderungen hingegen öfter anzutreffen (aber natürlich auch nicht ausschließlich einem Alkoholmissbrauch anzulasten, die Diagnose obliegt einzig dem Arzt). Mitunter findet man auch eine verstrichene Kontur des Kieferwinkels durch Vergrößerung beider Ohrspeicheldrüsen. Häufiger sind - vor allem im Endzustand - ein grau-bräunlicher bis bläßlich-bräunlicher Grundton der Haut sowie eine Hautschrumpfung durch Schwund des Bindegewebes unter der Oberhaut. Nicht selten auch eine sogenannte "Pergamenthaut" oder "Geldscheinhaut" sowie weiße Flecken auf der Streckseite von Armen und Beinen. Auffällig auch feinere bis gröbere Gefäßerweiterungen im Gesicht (jedoch auch möglich bei Menschen, die viel an frischer Luft sind) sowie sogenannte Gefäßspinnen (rote, spinnenartige Gefäßsternchen, die auf Fingerdruck abblassen, sich jedoch sofort wieder füllen). Auch eine Rötung am Daumen- und Kleinfingerballen sowie korkenzieherartig gewundene Gefäße in der äußeren festen Hülle des Augapfels (Lederhaut) sind möglich. Bezüglich der Haut-Anhangsgebilde findet man bisweilen weiß oder opal gefärbte Nägel mit Querbändern, eine zunehmend struppige Kopfbehaarung mit immer brüchiger werdendem Haar sowie eine Neigung zu Hautblutungen mit zum Teil großflächigen Blutergüssen, meist in der Gegend von Schulter, Becken und Schienbeinen (Blutbildveränderung mit vermehrter Blutungsneigung sowie rauschbedingte Gleichgewichtsstörungen mit häufigem Anstoßen an diesen Körperpartien). Die Haut ist also beim Alkoholismus, insbesondere im Endstadium, ein Organ, das durch diese chronische Vergiftung relativ häufig und vor allem sichtbar in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Therapie ist bekannt (Alkoholabstinenz, notfalls durch klinischen Entzug mit fachärztliche Rehabilitation). Einzelheiten siehe das Kapitel Alkoholkrankheit. Rauschdrogenabhängigkeit und Haut Die Rauschdrogenabhängigkeit nimmt offenbar zu. Dabei drängen immer neue Wirksubstanzen auf den Markt (z.B. Ecstasy und Nachfolge-Stoffe). Doch auch die älteren Rauschdrogen-Generationen ruinieren noch immer zahlreiche (meist junge) Menschenleben. Je nach Substanz sind dabei unterschiedliche seelische, psychosoziale und körperliche Konsequenzen zu erwarten. Die Haut spielt dabei eine nicht unerhebliche Rolle, vor allem durch die Einstichstellen nach Injektion (Ellenbeuge, Handrücken, Vorderarmsteckseite, aber auch Finger- und Fußrücken, Unterschenkel, ja sogar Zunge, Fersen, Nase, Hautfalten zwischen Fingern und Zehen, Penis, Augenlider u.a.). Die Folgen sind narbige Hautveränderungen, Dunkelfärbung, Blutergüsse in allen Farben, Entzündung von Venen und Lymphbahnen (rote Streifen und verhärtete derbe Gefäßstränge durch Blutpfropfbildung = Thrombosen), Spritzenabszesse und Furunkel, vergrößerte Achsel-Lymphknoten usw. In fortgeschrittenem Stadium eingefallenes Gesicht, tief in den Höhlen liegende Augen, grau-aschfahle, blasse oder bläulich verfärbte Haut, Rötung der Augenbindehaut oder Gelbfärbung (Spritzen-Hepatitis) u.a. Eine spezifische substanz-abhängige Reaktion auf seelischer Ebene ist die "Kokain-Paranoia" ("Kokain-Wahnsinn"): Bei den dort drohenden Sinnestäuschungen fühlen sich die Betroffenen vor allem durch "Kokain-Tierchen" oder "Kokain-Kristalle unter der Haut" beeinträchtigt, was die ohnehin kokain-typischen Erregungszustände noch verstärken kann (Gewalttaten im Rahmen wahnhafter Verfolgungsideen). Die Therapie ist bekannt: Rauschdrogen-Entzug (am besten fachärztlich betreut) mit entsprechendem Rehabilitationsprogramm. Weitere Einzelheiten siehe das Kapitel Rauschdrogen. Demenz und Haut Schließlich ist auch im Rahmen einer Demenz (Beispiel: Alzheimer´sche Demenz) mit zahlreichen seelischen, psychosozialen und körperlichen Folgen zu rechnen, wobei auch die Haut eine Rolle spielen kann. Zwar dominieren vor allem die bekannten Einbußen wie Nachlassen von Gedächtnis, Urteilsfähigkeit und Orientierung, Störungen von Sprache, Erkennen und Benennen u.a. Es gibt aber auch eine Reihe von funktionellen Defiziten, deren Einzelheiten in dem speziellen Kapitel Alzheimer´sche Demenz nachgelesen werden kann und bei der auch die Haut als Sinnesorgan beteiligt ist. Beispiele: gestörtes Erkennen von Form und Beschaffenheit eines Gegenstandes durch Betasten mit geschlossenen Augen oder von Buchstaben oder Zahlen, die auf die Haut geschrieben werden. D.h. die Haut als Sinnesorgan und damit die erwähnte Orientierung ist beeinträchtigt. Und von den Gehirnfunktionen her kann es zu Sinnestäuschungen kommen beim Sehen (sieht sich z.B. im Fernsehen auftreten), beim Hören (Geräusche, Stimmen), beim Schmecken (übersüsst, versalzen), beim Riechen (Fäulnis, Gas) und beim Hautorgan, d.h. beim Tasten. Hier drohen ggf. Missempfindungen bis hin zur scheinbaren Gewalteinwirkung ("fremde Person im eigenen Zimmer oder gar Bett"). Die Therapie hat zwar ihre Grenzen, besteht aber beim älteren Menschen nicht nur aus Medikamenten, die die beeinträchtigten Gehirnfunktionen verbessern sollen (Nootropika, heute Antidementiva), sondern bei den oben erwähnten spektakulären Krankheitszeichen auch aus Beruhigungsmitteln, antipsychotisch (z.B. gegen die wahnhaften Beeinträchtigungen wirkenden) Neuroleptika, ggf. Antidepressiva usw. Und hier lässt sich dann in der Tat einiges mildern. Weitere Einzelheiten in dem speziellen Kapitel über die Alzheimer´sche Demenz.LiteraturUmfangreiche, ständig wachsende Zahl wissenschaftlicher Publikationen und Fachbücher zum Thema "Haut und seelische Störungen", jedoch nur begrenztes Angebot fundierter allgemeinverständlicher Artikel und Sachbücher. Grundlage vorliegender Ausführungen sind Dieter, H.C. (Hrsg.): Angewandte Psychosomatik. Thieme-Verlag, Stuttgart-New York 1997 (dort auch ausführliches Fach-Literaturverzeichnis) Faust, V. (Hrsg.): Psychiatrie. Ein Lehrbuch für Klinik, Praxis und Beratung. Gustav Fischer-Verlag, Stuttgart-Jena-New York 1996 Faust, V.: Seelische Störungen heute. Verlag C.H. Beck, München 1999 Faust, V.: Schwermut. Hirzel-Verlag, Stuttgart-Leipzig 1999 Faust, V.: Depressionsfibel. Gustav Fischer-Verlag, Stuttgart-Jena-Lübeck-Ulm 1997 Faust, V.: Medikament und Psyche. Wiss. Verlagsges., Stuttgart 1995 Faust, V.,C. Scharfetter.: Psychiatrie in Stichworten. Psychopathologie 1-13. Enke-Verlag, Stuttgart 1997-2000 (Internet: http://www.roche.de/depressionen) Uexküll, Th. v. (Hrsg.): Psychosomatische Medizin. Urban & Schwarzenberg, München-Wien-Baltimore 1996 (dort auch ausführliches Fach-Literaturverzeichnis) |
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Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise. |