Prof. Dr. med. Volker Faust Psychosoziale Gesundheit von Angst bis Zwang Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln |
ARBEITSPLATZPHOBIEAngst – Panikreaktion – Vermeidungsverhalten
Der Arbeitsplatz gewinnt zunehmend an Bedeutung. Dieser Satz muss angesichts einer drohenden Rezession nicht weiter kommentiert werden. Er hat aber neben der wirtschafts-politischen Bedeutung durch den Rückgang der Konjunktur mit allen Folgen auch eine Bedeutung im psychopathologischen (d. h. seelisch-krankhaften) Sinn. Und auch diese Last wächst, ein Phänomen, das selbst in wirtschaftlich guten Zeiten ein bedenkliches Eigenleben entwickelt hat. Denn die Arbeitsplatz-Phobie ist keine Arbeitsplatz-Angst, also Furcht vor Entlassung. Sie ist eine seelische Krankheit, deren psychische Qual, deren psychosoziale Folgen und deren wirtschaftliche Konsequenzen erst langsam erkannt, wissenschaftlich untersucht und – hoffentlich – erfolgreich verhindert und effektiv behandelt wird. Nüchtern betrachtet: Erst einmal soll, denn hier steht man offenbar am Anfang entsprechender Forschungs-Bemühungen. Um was handelt es sich? Arbeitsplatz und psychische Störung Der Umgang des Menschen gliedert sich im Wesentlichen in zwei Bereiche, nämlich privat und dienstlich. Oder konkret: Familie und Arbeitsplatz. Und dies in allen Zivilisationen und in jeder Epoche, jedenfalls in dem weit überwiegenden Teil der Bevölkerung. Darüber hinaus gibt es zwar noch die Nachbarschaft, den Freundeskreis, die Freizeit-Kontakte u. a. Doch in Partnerschaft/ Familie und Beruf spielt sich das meiste ab – im positiven wie im negativen. Dies sind die einleitenden Zeilen in dem spezifischen Kapitel über Arbeitsplatz und psychische Störung in dieser Serie. Was bisher aus wissenschaftlicher Sicht dazu erarbeitet wurde, insbesondere durch die Fachbereiche Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und Psychologie, ist durchaus von alltags-relevanter Bedeutung. Aber leider bis heute nur marginal beachtet, berücksichtigt oder gar im Sinne arbeitspsychologischer Vorschläge konkret umgesetzt. Die Strategie bisher lautete, wohl etwas verkürzt, aber letztendlich (schmerzlich) zutreffend: „ausgemustert“. Das scheint sich zu ändern, zumindest, was die Reaktion der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anbelangt, die auf psychosozialer Ebene neben ihrer derzeit ton-angebenden „Bibel“, der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen – ICD-10 inzwischen auch eine Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit – ICF herausgebracht hat. Was heißt das? Diese ICF unterscheidet zwischen Funktionen, Fähigkeiten und den sich daraus ergebenden Zusammenhängen.
Durch den Vergleich von Kontakt-Faktoren bzw. Rollen-Anforderungen einerseits und krankheitsbedingt eingeschränkten oder verbleibenden Fähigkeiten andererseits ist an ein Urteil über so genannte Teilhabe– bzw. Partizipations-Störungen bzw. die Arbeitsfähigkeit abzuleiten. Diese Unterscheidung erlaubt dann eine genauere Feststellung, wo im konkreten Fall das Problem liegt. Und wo therapeutisch angesetzt werden kann oder muss.
Konkret wird das im Rahmen des beruflichen Eingliederungs-Managements nach § 84 Sozialgesetzbuch IV möglich, d. h. es kann damit auch ein leidens-gerechter Arbeitsplatz angeboten werden. Damit vermag trotz fortbestehender Funktions-Störungen und dadurch Fähigkeits-Störungen die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt werden, jedenfalls nach den Vorstellungen der neuen Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit – ICF der WHO. Bedrohungs-Faktoren am Arbeitsplatz Der „Arbeitsplatz als Ort der Angst“ mag sich zwar etwas überspitzt anhören, ist aber ein reales Problem, wenn auch in der Mehrzahl der Fälle erst einmal verheimlicht aus Scham, Furcht sowie strategischen Überlegungen („nur jetzt keine Schwäche zeigen“). Doch die Folgen dieser „beruflichen Überlebens-Strategie“ können mittel- bis langfristig belastend bis verhängnisvoll ausfallen. Hier setzen deshalb die Forschungs-Bemühungen der Psychiater und Psychologen an, die am Schluss gefordert sind. Bisher leider überwiegend „am Schluss“; doch entscheidend wäre der schleichende, manchmal nicht einmal von den Betroffenen, geschweige von ihrem näheren Umfeld erkannte Anfang dieser verhängnisvollen Entwicklung. Der Beitrag über „Arbeitsplatz und psychische Störung“ in dieser Serie bezieht sich auf die wissenschaftlichen Bemühungen und Erkenntnisse der Diplom-Psychologin Dr. Beate Muschalla vom Reha-Zentrum Seehof der Charité Universitäts-Medizin Berlin in der Fachzeitschrift Münchner Medizinische Wochenschrift 7 (2009) 29, zusammen mit Prof. Dr. M. Linden von der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation der gleichen Institution. Dort finden sich auch die gewichtigsten Bedrohungs-Faktoren aufgelistet, beginnend von Vorgesetzten und Kollegen (Stichwörter: Hack-Ordnung, Mobbing) bis zur Unfall- und Aggressions-Exposition, Existenz-Sicherung sowie weiteren konkreten Arbeitsnehmer-Befürchtungen. Dort werden auch die wichtigsten Formen der Arbeitsplatz-Ängste aufgelistet. Beispiele: arbeitsplatz-bezogene posttraumatische Belastungsstörung, arbeitsplatz-bezogene Anpassungsstörung mit Angst, arbeitsplatz-bezogene spezifische soziale Phobie, arbeitsplatz-bezogene unspezifische soziale Phobie, arbeitsplatz-bezogene situative Ängste, arbeitsplatz-bezogene hypochondrische Ängste, arbeitsplatz-bezogene Insuffizienz-Ängste, arbeitsplatz-bezogene generalisierte Angst und Besorgtheit und die Arbeitsplatz-Phobie.
Letzteres, im Übersichts-Artikel nur kursorisch angedeutet, soll das Thema vorliegenden Beitrags sein. Er basiert auf einem Artikel der beiden Autoren M. Linden und B. Muschalla über Arbeitsplatz-bezogene Ängste und Arbeitsplatzphobie in der Fachzeitschrift Nervenarzt 1 (2007) 39. Was ist eine Phobie? Einzelheiten zu den verschiedenen Angstformen, wie sie heute diagnostiziert und klassifiziert werden, finden sich in den ausführlichen Kapiteln in dieser Serie. Beispiele: Generalisierte Angststörung, Panikattacken, Phobien. Der Fachbegriff Phobie kommt aus dem griech.: phobeo = in die Flucht jagen, vertreiben, vor allem aber erschrecken und ängstigen. Gemeint ist damit eine unvernünftige, rational nicht begründbare und sich sogar entgegen besserer eigener Einsicht zwanghaft(!) aufdrängende Angst vor bestimmten Gegenständen oder Situationen. Beispiele: enge Räume wie Keller, Aufzug, Tunnel, ja sogar die Dusch-Kabine u. a. Oder das Gegenteil: weite Plätze oder zumindest Straßen, aber auch Säle („fluchtgesicherte Eckplätze bevorzugen“) usf.; oder Türme, Berge, Aufgänge. Bekannt sind die Phobien vor Tieren (insbesondere Mäuse, Spinnen, aber auch Pferde, Hunde, Fledermäuse). Weniger bekannt, dafür zunehmend moderne Formen der Phobie wie Flugzeug, PKW, Bus, Zug u. ä. Und noch weniger bekannt beispielsweise die Dysmorphophobie, die Angst vor körperlicher Entstellung (obgleich das Umfeld nichts Negatives erkennen kann). Und zum Schluss die Phobophobie, die Angst vor der Angst, eine ganze besonders peinigende (End-)Belastung. Die Reaktion der Betroffenen kann man sich denken: Vermeiden, wo es geht, was die Auslöser anbelangt. Oder wie es die Experten nennen: Die krankhafte Angst durch Vermeiden des angst-auslösenden Objektes „bekämpfen“, was aber kein Widerstand mit Erfolgsaussichten, sondern reines Vermeidungs-Verhalten ist, letztlich eine Flucht. Das Resultat ist nachvollziehbar: Behinderungen im Alltag, ggf. Rückzug oder gar Isolationsgefahr. Die psychologischen Ursachen sind meist unbewusste Konflikte, d. h. den Opfern weder gegenwärtig, noch einsichtig und damit in eigener Regie auch nicht erfolgreich bekämpfbar. Psychoanalytisch heißt dies: Die äußere Angst steht für eine innere Angst. Die angst-erregenden Gegenstände oder Situationen haben im Grunde „nur“ symbolischen Charakter. Sie repräsentieren verdrängte Wünsche oder Ängste, was sich am deutlichsten in der sozialen Phobie, der „Angst vor dem anderen schlechthin“, der „Menschen-Angst“ zeigt. Die Therapie war deshalb früher eher tiefenpsychologisch-analytisch ausgerichtet, während man heute die Verhaltenstherapie bevorzugt, d. h. den vom Therapeuten unterstützten konstruktiven Widerstand „hier und jetzt“ gegen lähmende Ängste im Tunnel, im Saal, vor Spinnen, Flugverkehr u. a. („durchhalten, nicht aufgeben, nicht fliehen“). Die Zahl möglicher phobischer Ängste – man kann es sich denken – ist auf diese Weise schier unüberblickbar, weil natürlich auch sehr individuell. Frühere Schilderungen gehen von mehr als 200 möglichen Formen aus (bis hin zur phobischen Angst, eine Sünde zu begehen ...), was sich heute deutlich reduziert hat, zahlenmäßig aber eher mehr zu werden droht (weniger Phobie-Formen, mehr betroffen). So kann man sich auch gut vorstellen, dass eine Arbeitsplatz-Phobie nicht nur sehr quälend, sondern auch beruflich verhängnisvoll wird – und zuzunehmen scheint. Um was handelt es sich? Arbeitsplatz-Phobie Eine Arbeitsplatz-Phobie ist laut der erwähnten Experten die schlimmste aller arbeitsplatz-bezogenen Ängste. Das ist die deutliche Furcht vor dem Arbeitsplatz als Ort insgesamt mit allen Hinweisen darauf, schon den Gang zum Arbeitsplatz zu vermeiden. Wissenschaftlich definiert liegt eine Arbeitsplatz-Phobie dann vor, wenn bestimmte Reize am Arbeitsplatz zu einer Panikreaktion und einem Vermeidungsverhalten bezüglich der Arbeitsstelle oder arbeits-assoziierter Stimuli führen. Beispiele: Personen, Ereignisse, Objekte, Situationen oder schließlich schon der Gedanke an den Arbeitsplatz. (Anmerkung: Unter einem Stimulus, aus dem lat.: Reiz, Antrieb, letztlich auch Auslöser, versteht man in diesem Fall konkrete Angst-Ursachen.)
Im Gegensatz zu den Panikattacken generell, die ein vergleichbares Beschwerdebild auslösen, aber praktisch überall auftreten können, geht es hier „lediglich“ am Arbeitsplatz los, einschließlich Arbeitsweg oder am Schluss sogar der Gedanke daran. Nicht selten droht auch eine so genannte Generalisierung des jetzt immer stärker, ja schier unvermeidbar werdenden Vermeidungs-Verhaltens. Konkret: die Vermeidung der Straße, in der der Betrieb liegt; die Vermeidung von Ereignissen, in denen man Kollegen begegnen könnte; oder sogar Angst-Attacken, wenn nur das Gespräch auf den Arbeitsplatz kommt. So bahnt der Weg oder das Gespräch oder sogar nur die Gedanken an den angst-auslösenden Stimulus (s. o.) das Beschwerdebild, d. h. es erhöht sich typischerweise die Angst, ggf. bis zur Panik. Umgekehrt lässt die Angst nach, wenn man sich örtlich zurückziehen oder dem Gespräch bzw. seinen Gedanken eine andere Wendung geben kann. Das Vermeidungs-Verhalten wirkt also belohnend, indem es die Angst reduziert – und wird somit gleichzeitig nach und nach verstärkt und schließlich scheinbar immer unüberwindbarer. Damit sind diese Vermeidungs-Strategien letztlich ein Teufelskreis (wenngleich auch „nur“ auf den Arbeitsplatz beschränkt) und können zu Arbeitsunfähigkeit, Arbeitsplatzverlust und sogar Erwerbsgefährdung sowie Frühberentung führen. Wie häufig sind Arbeitsplatz-Phobien? Eigentlich ist es unverständlich, aber die Fachleute versichern: In der Welt-Literatur gibt es außer den wissenschaftlichen und alltags-bezogenen Arbeiten der deutschen Forschungsgruppe bisher nur wenige Publikationen, in denen Patienten mit Arbeitsplatz-Phobie, Arbeitsbelastung und ohne Belastung miteinander verglichen wurden. Deshalb liegen letztlich noch keine gesicherten Häufigkeits-Daten über arbeitsplatz-bezogene Ängste und speziell solche mit dem Vollbild des Vermeidungsverhaltens vor. Bekannt ist, dass unbewältigte berufliche Belastungen und die Angst davor gemäß arbeits-psychologischer Untersuchungen zu den Hauptursachen für psychische und psychosomatische Erkrankungen zählen. Und dass etwa die Hälfte der Patienten in psychosomatischen Rehabilitations-Kliniken berufliche Belastungen als wesentliche Ursache ihres Beschwerdebildes angeben und mit der zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit unzufrieden sind. Psychische Erkrankungen führen in der Tat zu deutlich häufigeren Abwesenheits-Zeiten als vergleichbare körperliche Leiden. Und hier sind es vor allem psychosomatische Erkrankungen (also organische Beschwerden auf Grund unbewältigter seelischer bzw. psychosozialer Probleme, jedoch ohne krankhaften körperlichen Befund). Das soll in der Altersklasse bis zu 50 Jahren (also der zahlenmäßig wohl bedeutsamsten Gruppierung) bis zu einem Viertel der Fälle die Ursache für Frühberentung sein. Im Vergleich zu körperlichen Erkrankungen sind diese Störungen auch deutlich häufiger die Ursache für eine lang anhaltende Arbeitsunfähigkeit. Erschwerend ist dabei die so genannte Co-Morbidität, oder auf Deutsch: wenn eine Krankheit zur anderen kommt. Das ist im organischen Bereich fast schon die Regel, jedenfalls ab einem bestimmten Alter: Herz-Kreislauf, Wirbelsäule und Gelenke, Stoffwechsel u. a. Im seelischen ist es nicht viel anders, wenngleich erst in den letzten Jahrzehnten als zusätzlich belastendes Phänomen erkannt, adäquat gewertet und vor allem differentialdiagnostisch (was könnte es sonst noch sein?) eingeordnet und differential-therapeutisch (jede Teil-Krankheit gesondert berücksichtigt) behandelt. Tatsächlich findet man bei der Arbeitsplatz-Phobie in einem hohen Prozentsatz der Fälle auch andere Angststörungen. Das können sowohl so genannte primäre Angsterkrankungen sein (also die Generalisierte Angststörung, die Panikattacken und weitere Phobien), als auch sonstige psychische Störungen (z. B. Depressionen, Suchtkrankheiten, posttraumatische Erkrankungen u. a.). Und natürlich die in dem spezifischen Beitrag ausführlich dargestellten und oben kursorisch aufgeführten Bedrohungsfaktoren am Arbeitsplatz, z. B. Mobbing, Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten, „Hack-Ordnung“ usf. Sind Arbeitsplatz-Phobien ein eigenständiges Krankheitsbild? So bedeutsam die Arbeitsplatz-Phobie auch bisher schon ist, und so folgenreich sie zu werden droht, als eigenständiges Krankheitsbild wird sie nicht gewertet. Die Psychiater, Psychotherapeuten und Psychologen stufen sie als ein spezielles phobisches Syndrom ein (d.h. Krankheitsbild mit mehr oder weniger zusammengehörigen Symptomen), das im Zusammenhang mit unterschiedlichen Erkrankungen anzutreffen ist. Dennoch gilt sie als ein klinisches Problem eigener Wertigkeit, mit eigenen Entwicklungs-Aspekten und damit auch Therapie-Erfordernissen. Dies ist vor allem durch die Besonderheiten der angst-auslösenden Ursache bedingt, denn
Diese Konstellation ist es nach M. Linden und B. Muschalla denn auch, die die Behandlung zu einem spezifischen Problem werden lässt. Eine schwierige Therapie Unabhängig davon, in welchem Zusammenhang die Arbeitsplatz-Phobie auch stehen mag, d.h. welche sonstigen seelischen Störungen beteiligt sind und wie sich das alles zu einem in der Regel komplexen Leidensbild verdichtet, unabhängig davon wirft diese Krankheit auch spezielle Probleme auf. Die Autoren verweisen in diesem Zusammenhang auf ein ähnliches Phänomen in mehrschichtiger Konstellation, nämlich die Schulphobie. Diese hat gleichfalls nicht den Status einer eigenständigen Erkrankung, sondern muss im Zusammenhang mit Schulversagen, Angststörungen, Beeinträchtigungen des Sozialverhaltens oder Entwicklungsstörungen gesehen werden. Dennoch handelt es sich um ein pädagogisch und therapeutisch abzugrenzendes klinisches Sonderproblem. Und zwar nicht selten mit verhängnisvollen Konsequenzen von hoher klinischer Bedeutung. Oder das Gleiche auf eine rein körperliche Ebene übertragen: Einem Hirnschlag oder Herzinfarkt gehen in der Regel andere körperliche Krankheiten voraus, die zu diesem verhängnisvollen Ende führen können. Beispiel: Ernährungsverhalten mit Übergewicht, Bewegungsmangel, Nikotin-Abusus, sonstige Organ-Krankheiten u. a. Es gibt also auch hier eine Grund-Erkrankung mit fatalen Folgen – und eine Reihe von Vor- oder Begleit-Erkrankungen, die dazu beigetragen haben. Das muss man dann eben auch in sein therapeutisches Konzept einbauen. So muss auch die Behandlung der Arbeitsplatz-Phobie laut Prof. M. Linden und Frau Dipl.-Psych. B. Muschalla auf zwei Säulen stehen:
Das spezifische Problem in der Therapie der Arbeitsplatz-Phobie ist aber im Rahmen solcher Expositions-Übungen die an sich übliche gestufte Annäherung an die angst-auslösende Situation. Doch selbst dort, wo es machbar scheint, handelt es sich um sehr komplexe äußere Bedingungen, die durch den Therapeuten oft nur ungenügend zu steuern sind. Damit ist die strategisch geplante und therapeutisch dosierte Exposition (d. h. sich langsam aber konsequent dem Arbeitsplatz und seinen speziellen Bedingungen nähern) nicht ohne weiteres möglich. Es droht u. U. sogar das Risiko einer Verstärkung der Phobie. Eine schwierige Ausgangslage. Dennoch arbeiten die Experten an gangbaren Wegen. Einzelheiten würden hier zu weit führen und sind in der speziellen Literatur nachlesbar. Nützlich, im Rahmen der Möglichkeiten erfolgreich und auf jeden Fall wahrzunehmen, sind (in Fachbegriffen): generell einsetzbare Therapie-Verfahren wie Situations- und Verhaltens-Beschreibungen und -Analysen, die Entwicklung von Bewältigungs-Kompetenzen, die Bearbeitung des Anspruchs-Niveaus, Prinzipien des Reframings sowie Angst-Managements, die Konfliktklärungen oder Expositionen in sensu und eine Reihe weiterer Behandlungs-Strategien. Ein spezifisches therapeutisches Instrument kann auch die „berufliche Belastungs-Erprobung“ darstellen, die in den letzten Jahren in einer Reihe von psychotherapeutischen Fach- und Rehabilitationskliniken eingeführt wurde. Dabei können die Patienten zur Hospitation (in diesem Fall eine Art therapeutisches Praktikum) in ausgewählte Betriebe entsandt werden, die sich zur Mitarbeit bereit erklärt haben. Dort lässt sich dann das Phänomen Arbeitsplatz-Phobie natürlich therapeutisch gezielter und damit effektiver steuern und bearbeiten, so M. Linden und B. Muschalla auf Grund ihrer wissenschaftlichen und klinischen Erfahrung im Fachbereich Psychosomatische Rehabilitation. Literatur Bisher eher begrenztes Literatur-Angebot in deutscher Sprache (ausführlicher in englischer – s. bei Bedarf der zitierte Beitrag). Nachfolgend eine kurze Auswahl deutschsprachiger Fachbücher, wie sie die Autoren angegeben haben. Adler, R. H. u. Mitarb. (Hrsg.) : Psychosomatische Medizin. Verlag Urban & Schwarzenberg, München 1996 Bamberg, E. u. Mitarb. : Stress und Ressourcenmanagement. Strategien und Methoden für die neue Arbeitswelt. Verlag Hans Huber, Bern 2003 Rothenberger, A. : Wenn Kinder Tics entwickeln. Gustav Fischer-Verlag, Stuttgart-New York 1991 Greif, S. u. Mitarb. (Hrsg.) : Psychischer Stress am Arbeitsplatz. Hogrefe-Verlag, Göttingen 1991 Hofmann, B., N. Hoffmann : Arbeitsstörungen. Ursache, Selbsthilfe, Rehabilitationstraining. Beltz-Verlag, Weinheim 2004 Kittner, C. : Angst im Job. Hampp-Verlag, München 2003 Leyman, H. : Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann. Rowohlt-Verlag, Hamburg 1993 Linden, M., M. Hautzinger (Hrsg.) : Verhaltenstherapiemanual. Springer-Verlag, Heidelberg 2005 Meissel, T. (Hrsg.) : Zur Einbürgerung des psychisch Kranken. Edition pro Mente. Linz 2005 Müller-Fahrnow u. Mitarb. (Hrsg.) : Wissenschaftliche Grundlagen bei medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitationen. Papst-Verlag, Lengrich 2006 Saldern v. M. (Hrsg.) : Mobbing. Theorie, Empirie, Praxis. Schneider-Verlag, Hohengeren 2002 Schlung, E. : Schulphobie. DSV-Verlag, Weinheim 1987 WHO : Internationale Klassifikation psychischer Störungen – ICD-10. Verlag Hans Huber, Bern 1993 |
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Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise. |