Mutschler:
ARZNEIMITTELWIRKUNGEN
Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie
Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008. 1.244 S., 360 Abb., 264 Tab., 1.357 Strukturformeln. € 68,50.
ISBN: 978-3-8047-1952-1
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Muss die 9. Auflage eines Lehrbuchs besprochen werden? Kaum. Ein solches Qualitäts-Zeichen: 9 Auflagen, spricht für sich. Ein Lehrbuch, das mehreren Generationen gedient hat, kann auch Interessenten eines erweiterten Fachkreises nicht verborgen bleiben, selbst wenn die Konkurrenz an Arzneimittel-Büchern unübersehbar ist. Deshalb möchten wir das „Lebenswerk“ von Professor Dr. med., Dr. rer. nat., Drs. h.c. Ernst Mutschler vom Pharmakologischen Institut für Naturwissenschaften der Universität Frankfurt mit seinen Co-Autoren, den Professor Dr. Dr. G. Geislinger (Frankfurt), Dr. H. K. Kroemer (Greifswald), Dr. Dr. P. Ruth (Tübingen) und Dr. Monika Schäfer-Korting (Berlin) nicht inhaltlich besprechen, obgleich gerade die Pharmakologie und Toxikologie ein faszinierendes Fach und wahrscheinlich eine der wichtigsten wissenschaftlichen Grundlagen der „Zukunfts-Bewältigung“ auf verschiedenen Ebenen ist. Wir möchten einen anderen Besprechungs-Schwerpunkt wählen: die Ästhetik einer Lehrbuch-Gestaltung.
Ist das notwendig? Das kommt darauf an, ob man sich von der internet-induzierten Sachlichkeit (wenn nicht gar Fantasielosigkeit) in puncto Gestaltung vereinnahmen, oder ob man sich auch von der äußeren Form ansprechen lässt. Kurz: Früher wurden nicht nur interessante, lehrreiche und wegweisende Bücher verfasst, sondern auch ästhetisch wirkungsvoll gestaltete, ja sogar „schöne“ Bücher gedruckt. Dann kam eine Phase der Sachlichkeit, teils wirtschaftlich bedingt, teils dem Zeitgeist entsprechend, mitunter auch die Grenze der ästhetischen Zumutbarkeit streifend (was man wohl mehr den dafür zuständigen Stellen der Verlage, weniger den Autoren anlastet muss, wobei auch in den Verlagen sicher nicht immer ein einheitliches Meinungsbild herrschte). Die Nutzer (Leser) nahmen es hin, nicht zuletzt wegen eines Preis-Vorteils, den sie ohnehin nicht beurteilen konnten.
Inzwischen hat sich der Wind gedreht. „Das Auge isst mit“, es kommt wieder eine Genuss-Komponente ins Spiel. Beim Internet ist sie begrenzt, auch wenn manche Portale mehr einem „Mäuse-Kino“ als einer ruhigen, ziel-führenden Einführung dienen. Hier hat das Buch die Nase vorn: wie es sich ansieht, wie es sich anfühlt, wie es in der Hand liegt, wie gewichtig es sich ausnimmt, kurz: schon der erste Eindruck zählt – hoffentlich positiv, sofern man sich an die alten Möglichkeiten schöner Gestaltung erinnert.
Und dann die Aufbereitung des Inhalts: Da gab es – wie üblich – Kipp-Reaktionen: angesichts des neuen Trends schon auch Übertreibungen, stellenweise noch immer. Sie wirken wegen der verfehlten Dosierung nicht nur unprofessionell, sie verfehlen auch ihr Informations-Ziel durch Unruhe, fehlenden optischen Leitfaden, bemühte, aber dann doch missglückte (Über-)Gestaltung.
Inzwischen scheint sich aber ein geordnetes Mittelmaß einzupendeln. Der „Mutschler“ gehört dazu. Sein Inhalt ist so komplex, wie kaum ein naturwissenschaftlich-medizinisches Thema. Gerade deshalb ist es so wichtig, diese „schwere Kost“ geistig gut verdaulich anzubieten. Das ist schon in früheren Ausgaben gelungen, hat sich aber in der 9. Edition noch verbessert. Die schiere Unmasse von Informationen ist überschaubar angeordnet. Es wird praktisch keine Möglichkeit ausgelassen, die Flut von Zahlen, Fakten und konkreten Anweisungen gut lesbar, interpretierbar und dann auch für die eigenen Zwecke optimal nutzbar anzubieten.
Dem dienen nicht zuletzt die farbigen Abbildungen (ohne „schreiende Farb-Exzesse“), die Symbol-Wegweiser, die gut platzierten Tabellen und sogar die über 1.000 Strukturformeln, ohne die nun einmal ein pharmakologisch-toxikologisches Lehrbuch nicht auskommt. Und was besonders freut: ein kurzes, aber nützliches (d. h. überwiegend deutschsprachiges) Lehrbuch-Verzeichnis, unterteilt nach verschiedenen Sparten, eine treffend übersetzte Erklärung medizinischer Fachausdrücke und vor allem ein umfassendes Sachregister (mehr als 100 kleingedruckte Seiten).
Und zum Schluss: Hat sich das jetzt unverhältnismäßig auf den Preis niedergeschlagen? Nein. Es geht also auch anders: preiswert und gestalterisch attraktiv.
Ob sich die 10. Auflage in diesem Punkt noch steigern lässt, wird sich zeigen. Zwingend ist es nicht, wenn man trotz der Wissens-Explosion das Niveau hält, ist es erfreulich genug (VF).
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