Prof. Dr. med. Volker Faust Psychosoziale Gesundheit von Angst bis Zwang Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln |
M. Vec u. Mitarb. (Hrsg.):
|
DER CAMPUS-KNIGGE ZUM THEMA ABSCHREIBEN* Abschreiben: Abschreiben gibt es nicht erst seit der Internet-Tastenkombination Strg+C Strg+V, der ganze Aufsätze "übernimmt". Das Wort "Plagiat" (von "Plagiarius" = Menschenräuber oder Kinderräuber, jedenfalls in Anlehnung an den spätantiken römischen Epigrammatiker Martial) geißelt den Wortdiebstahl ja auch nicht erst seit gestern. Im digitalen Zeitalter ist es aber einfacher geworden: Suchmaschinen, drei bis fünf Substantive reichen, geschicktes Editieren und Polieren, man ist dabei. Das gezielte Vergessen des eigentlichen Autors hat auch schon einen Namen: Krypto-Amnesie. Seine größte Verbreitung hat es allerdings im nicht so seltenen Vergessen der eigentlichen Quellen im wissenschaftlichen Alltagsbetrieb. Die wissenschaftliche Wiederverwertung eigener Gedanken (sofern es so etwas überhaupt gibt) nennt man Autoplagiat, zumeist um die notwendige Publikationsdichte aufzubauschen. Das geht bis zur intensiven Streuung von Selbst-Zitaten, um den impact factor zu erhöhen. Internet und Powerpoint sind jedenfalls hilfreich - aber auch riskant. Denn nicht nur die Konkurrenz schläft nicht und dokumentiert mit Genuss den Diebstahl, auch die Studenten sind inzwischen clever genug, "multimedialen Höchstleistungen" zu misstrauen und diese auf "plagiatorische Verdachtsmomente abzuklopfen", mit zum Teil erheblicher und für den Täter peinlich hoher Trefferquote. Da ist es schon günstiger, den Autor zu nennen und ihn dann aber wenigstens mit "erbsenzählerischer" Kritik in seine Schranken zu verweisen. Schwieriger wird es bei jenen Professoren, die nach einer Art "jus primae noctis" nach früherer Gutsherrenart die Erstverwertung der Gedankenkinder ihrer Leibeigenen (DiplomandInnen, DoktorandInnen, HabilitandInnen) mehr oder weniger gnadenlos, meist aber doch fast schon professionell raffiniert verwerten. (Zur Erinnerung: das jus primae noctis war das früher übliche Recht auf die "erste Nacht" vor der Hochzeit einer leibeigenen Untertanin...) Das krude Abschreiben hat aber durch die moderne Medien noch an Raffinesse gewonnen, vor allem wenn Bilder überzeugen sollen (Fotobearbeitungs-Software). Oder wer einer "bizarren Fremdsprache" mächtig ist, versucht es mit einem Übersetzungs-Plagiat (was immerhin eine Übersetzungsleistung aufweist). Kritisch wird es erst dann, wenn die dafür genutzten Übersetzungsprogramme mit spezifischen Begriffen nichts anfangen können und originelle, aber unbrauchbare Begriffe generieren. Natürlich ist das Plagiat die wahrscheinlich aufrichtigste Form der Verehrung, wie die spöttische Definition von Alfred Polgar lautet. Leider kommt sie dem Opfer nicht zugute, es sei denn, er hat Goethes Satz verinnerlicht: "Wer kann was Gutes, kann was Schlechtes denken, was nicht die Vorwelt schon vor ihm gedacht". * Der Campus-Knigge: Von Abschreiben bis Zweitgutachten. Verlag C. H. Beck, 2006 - verkürzte und modifizierte Auswahl |
Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.
Bei persönlichen Anliegen fragen Sie bitte Ihren Arzt.
Beachten Sie deshalb bitte auch unseren Haftungsausschluss (s. Impressum).