D. Hell, J. Endrass, J. Vontobel:
Kurzes Lehrbuch der Psychiatrie
Das Basiswissen mit Repetitoriumsfragen
Verlag Hans Huber, Bern-Göttingen-Toronto-Seattle 2003, 187 S., 3 Abb., 16 Tab., € 19,95. ISBN 3-456-83982-0
Es gehört zur schweizerischen Mentalität, nicht viel Worte zu machen. Das hat Vor- und Nachteile, je nach Blickwinkel. In der Wissenschaft, vor allem aber in Forschung und Lehre überwiegen die Vorteile. Man will es kurz und prägnant, d. h. effektiv.
Moderne Lehrbücher neigen im Laufe ihrer Neuauflagen zur kontinuierlichen Umfangs-Erweiterung (die Führenden mit mehr als 1.000 Seiten und 6 Pfund Eigengewicht). Das hat natürlich auch mit der „Bring-Schuld„ durch ständig vermehrten Wissenszuwachs zu tun. Für jemand der nur einen Einstieg, einen Überblick sucht oder sich schnell informieren will, ist das entmutigend. Da bleiben nur noch Lexika, deren informative Möglichkeiten aber räumlich beschränkt sind. Mit anderen Worten: Gibt es auch Kurz-Lehrbücher der Psychiatrie? Es gibt sie (wenngleich leider eben nicht mehr kurz, d. h. komprimiert) und vor allem: Es gab sie. Und sie waren nicht selten von Schweizer Autoren geprägt – und zur raschen Information recht beliebt.
Inzwischen gibt es so etwas wieder, nämlich von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich: das „Kurze Lehrbuch der Psychiatrie – Basiswissen mit Repetitoriumsfragen„ von Daniel Hell, Jérome Endrass und Jürg Vontobel, unter Mitarbeit von mehr als ein Dutzend weiterer Experten. „Das Lehrbuch enthält alles, was man wissen muss – nicht mehr und nicht weniger„, urteilte ein Rezensent in einer psychiatrischen Fachzeitschrift. So ist es. Man kann auch über 1.000 klein gedruckte Seiten anbieten und muss dann einsehen, dass man doch nicht annähernd alles erfasst hat. Und man kann versuchen die Psychiatrie auf nicht einmal 200 Seiten zu komprimieren (und zwar großzügig gedruckt und noch mit einem Randtext für Repetitoriumsfragen versehen), so dass hier wirklich ein Kurz-Lehrbuch gelungen ist.
Psychiatrie ist kein erbaulicher Lesestoff. Und doch kann er anregend, ja spannend dargeboten sein und damit das Ziel erleichtern, nämlich Wissens-Erwerb und dadurch Wissens-Vermittlung bzw. Hilfe für in seelische Not geratene Mitmenschen. Das alles findet sich ausreichend und lesefreundlich in den Kapiteln Einführung, Gesprächsführung und Exploration (Anamnese = Erhebung der Krankengeschichte und Psychopathologie im Dialog = Lehre vom Beschwerdebild seelischer Störungen). Ferner in der Übersicht über psychopathologische Symptome (von der Bewusstseins- bis zu den vegetativen Störungen) und Therapie (Psycho-, Sozio- und Pharmakotherapie). Dann die einzelnen Krankheitsbilder (organisch bedingte psychische Störungen, Suchtkrankheiten, Schizophrenien, affektive Störungen (Depression und Manie), neurotische, Belastungs- und somatoforme (körperbezogene) Störungen, Ess-, Schlaf-, sexuelle und Persönlichkeitsstörungen sowie kurz gefasste aber überaus einprägsame Kapitel über Kinder- und Jugendpsychiatrie, forensische Psychiatrie und psychiatrische Notfälle (z. B. Angst und Panik, Suizidgefahr, Erregung, Verwirrung, Medikamenten- und Drogen-Notfälle u. a.). Am Schluss die wichtigsten weiterführenden Fachbücher und ein ordentliches Sachverzeichnis. Und alles didaktisch anregend, dabei präzise, auf das in der Tat Wichtigste beschränkt, lesefreundlich und durch die Marginal-Fragen am Rande für ein Selbst-Studium bestens geeignet. Bald gibt es fast drei Dutzend Lehrbücher der Psychiatrie. Wer hier noch die Bühne betritt, muss überzeugen. Der Lehrbuch-Beitrag aus Zürich tut es (VF).
|